Lernende Basis

Christian Gotthardt erforscht die Linken in Harburg und Wilhelmsburg und stößt auf eine „schöpferische und lernende Basis“ – bis 1933

Parteien tun sich schwer, von ihren Kinderkrankheiten zu genesen. Wie in den 90ern, als sich die PDS zu einer reformsozialistischen, gesamtdeutschen Wahlalternative mauserte oder seit 2004 in der chaotischen Gründungsphase der WASG in Hamburg. Inzwischen ist aus beiden der Wahlschlager „Die Linke“ geworden, der sich demnächst wieder in Links-Rechts-Scharmützeln verheddern dürfte. Dagegen war es der radikalen Linken in Harburg und Wilhelmsburg 1924 gelungen, einige Kinderkrankheiten zu bezwingen.

Bis 1933 feierte sie politische Erfolge. Nur an wenigen Orten Deutschlands war sie so stark wie südlich der Elbe, schreibt der Harburger Historiker Christian Gotthardt in seinem Buch „Die radikale Linke als Massenbewegung. Kommunisten in Harburg-Wilhelmsburg 1918 – 1933“ (VSA Verlag, 92 S., 14 Euro): „Wir wissen heute, dass es damals unter Arbeitern ein stabiles, ‚links-proletarisches‘ Milieu gab“, das der USPD, später der KPD als dauerhafte, sogar wachsende Basis diente. Aus nachbarschaftlichen Netzen wuchs eine Massenbewegung heran, die sich um die Alltagssorgen der Menschen in den Betrieben, Arbeitsämtern und Wohngebieten kümmerte.

Für Gotthardt ist der Wandel von der Aufstandspartei zur Parteiarbeit für die „kleinen“ Leute ein Erfolgsrezept, das die faktisch programmlose neue Linke wiederentdecken könnte.HERMANNUS PFEIFFER

■ Do, 25. 6, 19.30 Uhr, Zentrum der BI Ausländische Arbeitnehmer, Rudolfstr. 5