Stadt gefährdet Integration

Die Interkulturellen Zentren in Köln stehen vor dem Aus, weil der Kämmerer ihnen die Mittel streichen will. Der Integrationsrat spricht sich gegen die Kürzungen aus. Die CDU/SPD-Koalition berät noch

VON SUSANNE GANNOTT

Von Ausländern verlangt man hierzulande vor allem eins: dass sie sich integrieren. Also Deutsch lernen, sich den hiesigen Gepflogenheiten anpassen – und auf keinen Fall in „Parallelgesellschaften“ leben. Kosten darf die Integration allerdings möglichst nichts: Geht es nach dem Kölner Stadtkämmerer, kann sich die Stadt das Interkulturelle Referat weitgehend sparen. Drei bis vier der bislang fünf Stellen könnten wegfallen, ebenso die Zuschüsse von 292.000 Euro pro Jahr für die Interkulturellen Zentren. Das Referat solle sich auf seine Pflichtaufgaben – die Antidiskriminierungsarbeit und die Geschäftsführung des Integrationsrats – beschränken.

„Hanebüchen“ nennt Sozialdezernentin Marlis Bredehorst, in deren Amt das Interkulturelle Referat angesiedelt ist, den Vorschlag. „In einer Großstadt wie Köln mit einem migrantischen Bevölkerungsanteil von 25 Prozent ist das Thema Integration einfach zu wichtig – schon aus wirtschaftlichen Gründen.“

Auch der Integrationsrat hat sich am Montag in einer Resolution einstimmig gegen die Kürzungen ausgesprochen. Die Arbeit der Interkulturellen Zentren müsse weiter wie bisher von der Stadt unterstützt werden, sonst drohe den migrantischen Selbstorganisationen das Aus. „Die Zentren übernehmen mit ihren bewährten und guten Programmen eine wichtige Aufgabe bei der Integration“, so Teresa-Elisa De Bellis, Sprecherin der CDU-Ratsmitglieder im Integrationsrat. Auch Ossi Helling, der für die Grünen in dem Gremium sitzt, betont, dass es hier nicht um türkische Teestuben geht. Die Interkulturellen Zentren seien wichtige „Schnittstellen, um Migranten im Stadtteil zu integrieren“.

Dass der Integrationsrat sich in diesem Punkt über alle Parteigrenzen hinweg einig war, ist wenig überraschend: Die Mittel für die Interkulturellen Zentren sind die einzigen Finanzen, die der Integrationsrat zu vergeben hat – und auch das nur mit Zustimmung des Stadtrats. Diese Kompetenz hat das Nachfolgegremium des Ausländerbeirats gerade erst im Zuge seiner Weiterentwicklung zum Integrationsrat erhalten. Damit sollten den Kölner Migranten mehr Möglichkeiten der politischen Partizipation gegeben werden.

Ob die Resolution vom Montag die anstehenden Haushaltsberatungen der Großen Koalition beeinflussen kann, ist indes völlig offen. Zwar kann sich die Sozialdezernentin „nicht vorstellen, dass die Koalition dem Vorschlag des Kämmerers folgen wird“. Bei CDU und SPD ist man jedoch deutlich vorsichtiger: „Die Einigkeit des Integrationsrats löst nicht das Problem, dass wir kurz vor dem Nothaushalt stehen“, so CDU-Frau De Bellis. Jetzt müssten Vorschläge auf den Tisch, wo man stattdessen sparen könne.

SPD-Chef Jochen Ott, der für seine Partei im Integrationsrat sitzt, möchte derzeit zu einzelnen Kürzungsideen des Kämmerers überhaupt nichts sagen. „Wir haben in der Koalition vereinbart, am 14. März im Finanzausschuss einen Gesamtvorschlag für den Haushalt einzubringen.“ Es gebe viele „sinnvolle Sachen“ in der Stadt, die unterstützenswert seien, und die Koalition müsse jetzt gemeinsam beraten, wo man Prioritäten setzt.

Ossi Helling jedenfalls schätzt das Kämmerer-Papier in diesem Punkt nicht als „beliebigen Testballon“ ein. Schon im Haushaltssicherungskonzept von 2003 seien im Interkulturellen Referat auf Druck von Verwaltung und CDU vier Stellen gestrichen worden. Und jetzt wolle der städtische Kassenwart nicht nur im Interkulturellen Referat sparen, sondern auch das Gesundheitszentrum für Migranten „auf Null“ setzen. In weiten Teilen von Verwaltung und den großen Parteien herrsche offenbar die Meinung vor, „ dass dieses ganze Migrantenthema in Zeiten knapper Kassen bloß purer Luxus ist“.