Logisch: Chips schaffen Jobs

Gestern ging in Duisburg das 6. Logistics Forum zu Ende. Die NRW-Boom-Branche Logistik wird in Zukunft Jobs durch Chips ersetzen. Allerdings gibt es Hoffnung auf entstehende Arbeitsplätze

VON ELMAR KOK

Die Logistikbranche in Nordrhein-Westfalen soll auch in Zukunft herausragender Standortfaktor des Landes bleiben. Die Branche, die in NRW rund 250.000 Mitarbeiter beschäftigt, habe „hervorragende Zukunftsaussichten“, sagte Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) auf dem gestern in Duisburg zu Ende gegangenen 6. Logistics Forum. In den vergangen sieben Jahren sei die Anzahl der Jobs um 25 Prozent gewachsen und liege damit an der Spitze aller Bundesländer, so der Ministerpräsident.

Auf dem Duisburger Forum wurde vor allem über die Zukunft des Waren-Transport-Managements diskutiert und dabei stellte sich heraus, dass die Branche durch die Einführung neuer Techniken vor gravierenden Änderungen steht. Neue Chips werden in naher Zukunft massenhaft auf Paletten und Verpackungen kleben. Die Warenerfassung steht vor einer zweiten Revolution nach Einführung des Barcodes, ein Strichetikett, das heute jedes Produkt kennzeichnet und an jeder Supermarktkasse das manuelle Eingeben von Preisen hinfällig gemacht hat.

Die so genannten RFID-Chips werden vor allem in Lagerhaltung und in der Transportüberwachung eingesetzt. Da jeder der Radiofrequenz-Chips eine weltweit einmalige Kennung hat, keine Batterie benötigt und innerhalb eines Frequenzfeldes, aus dem er auch seine Energie bezieht, auslesbar ist, erhoffen sich Transportfirmen und Handelskonzerne Ersparnisse im Warenmanagement. Wie hoch das Interesse der Logistiker an der Technologie ist, zeigt der Veranstaltungsplan des Duisburger Forums. Gleich drei Veranstaltungen nahmen sich des Themas an, die Exkursion am Mittwoch Nachmittag zum „RFID Innovation Center Neuss“ war restlos ausgebucht. Der Betreiber des Centers, der Düsseldorfer Handelskonzern Metro, setzt schon seit langem auf die Funkchip-Technik und hat sich damit unter Datenschützern keine Freunde gemacht. Kritiker bemängeln, dass sich über die Verbindung von Kunden- oder Bankkarte mit den berührungslos auslesbaren Chips, die nach dem Verkauf aktiv bleiben, beispielsweise Kundenprofile erstellen ließen.

Aber auch Lagerarbeiter und Kassierer könnten die Nachteile der neuen Technologie bald zu spüren bekommen. „Wir sehen die Technik mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt Heike Döll-König, Sprecherin des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums in NRW. Denn klar sei, dass der Chip auf Dauer gerade einfachere Arbeitsplätze vernichten werde. Soziale Folge sei, „dass gerade Frauenarbeitsplätze, die oft auch in Teilzeit verrichtet werden“ dem Chip zukünftig zum Opfer fielen. Dennoch steht das Ministerium hinter dem Technologiesprung. „Wir müssen den Arbeitsplatzabbau durch Innovation kompensieren“, sagt Döll-König. Sich der Technologie zu verweigern, mache keinen Sinn, „denn sonst hat man am Ende gar nichts“.

Dieser Meinung ist auch ihr Dienstherr, Harald Schartau (SPD), Minister für Wirtschaft und Arbeit in NRW. Wenn die in Deutschland vorhandene Kompetenz im Bereich RFID genutzt werde, wird „sich meiner Ansicht nach der Verlust von Arbeitsplätzen mit den neu entstehenden die Waage halten“, sagt Schartau.

Damit die Logistik-Branche in Duisburg dem Land schon in der Gegenwart ein paar zusätzliche Arbeitsplätze spendiert, griff der Minister noch einmal in seinen Fördertopf für konventionelle Strukturmaßnahmen und spendierte dem Logistik-Standort Rheinhausen 12,5 Millionen Euro für eine bessere Anbindung an die A59 und das Schienennetz der Bahn. Insgesamt hat der Rheinhausener Logport an Landes- und EU-Fördermitteln seit 1998 dann 91,1 Millionen Euro erhalten.

An Förderung von Logistik-Zukunftstechnologie durch die Landesregierung ist trotz der rosigen Perspektiven der Branche allerdings nicht viel in Sicht. Albrecht von Truchseß, Sprecher des Metro-Konzerns kennt zumindest keine Projekte oder Foren die von der Landesregierung begleitet oder moderiert werden. Nur mit der Initiative Breitband NRW sei der Konzern in Gesprächen, sagt er. Die forciert nach eigenen Angaben die Verbreitung breitbandiger Internetzugänge – aber so weit, dass Waren heruntergeladen werden können, ist NRW ja noch nicht.