„Zahra glaubt nicht mehr an das Gute“

Obwohl sie in Deutschland bleiben darf, ist die zum Christentum konvertierte Iranerin Kameli immer noch traumatisiert. Angeblich rüde Methoden der Polizei werden ein Nachspiel im hessischen Landtag haben

Wer will Zahra Kameli das schlimme Gefühl verdenken? Am Tag nachdem der niedersächsische Landtag mit den Stimmen aller Fraktionen beschloss, der Iranerin ein Bleiberecht in Deutschland zu gewähren, sagt Kameli, sie „traut niemandem“. Zu viel Verantwortung ist hin- und hergeschoben worden, als dass die 24-Jährige, die noch in einem Krankenhaus in der Nähe von Frankfurt/Main behandelt wird, sich über ihr „Glück“ freuen könnte: dem drohenden Tod durch Steinigung wegen „Ehebruchs“ entronnen zu sein. Den hätte sie bei einer Abschiebung in den Iran fürchten müssen, weil sie sich von ihrem Mann getrennt hatte und zum Christentum konvertierte.

„Sie reagierte kaum auf die Nachrichten aus Hannover“, sagt Kamelis Freund Pedram Rizazadeh. Und: „Zahra glaubt nicht mehr an das Gute im Menschen“. Vor zwei Wochen hatte ein Pilot die Abschiebung der Iranerin auf dem Frankfurter Flughafen in letzter Minute verhindert. Dabei hatte Kameli einen Nervenzusammenbruch erlitten. Seitdem spielten Innenminister Otto Schily (SPD) und sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann (CDU) Zuständigkeits-Pingpong .

Doch am Mittwoch hatte der Petitionsausschuss des Landtags Kameli zum Härtefall erklärt und ihr Verbleiben in Deutschland aus gesundheitlichen Gründen empfohlen, die evangelische Kirche vermittelte drei Spender, die ein Jahr lang für Krankenversicherung und Lebensunterhalt der traumatisierten Frau aufkommen wollen.

Kameli „leidet immer noch unter Albträumen und wird mit Medikamenten behandelt“, sagt ihr Freund Rizazadeh. Es gebe noch keinen Termin für die Entlassung aus dem Krankenhaus, aber weiter die „Angst, dass ihr Ex-Mann sie umbringt“. Deshalb wird das Paar auch wahrscheinlich nicht in die alte Umgebung in Goslar zurückkehren, sagt Rizazadeh.

Im hessischen Landtag in Wiesbaden könnte der Fall Kameli ein weiteres unrühmlicheres Nachspiel erleben. Die Landes-Grünen verlangen von Innenminister Volker Bouffier (CDU) Aufklärung über angeblich rüde Polizeimethoden gegen Demonstranten, die am 10. Februar auf dem Frankfurter Flughafen gegen die Abschiebung Kamelis protestierten. Im Innenausschuss soll Bouffier klären, wieso über 60 Protestler schon wegen eines einfachen Verstoßes gegen das Hausrecht zu einer DNA-Analyse aufgefordert worden seien. Angeblich habe man auch Minderjährige über Nacht festgehalten, einer allein erziehenden Mutter sei ein Telefongespräch mit dem Babysitter verweigert worden. Kai Schöneberg