„Er passt nur auf die Kühe auf“

Lesung mit Country-Musik und Indianer-Tänzen

■ ist Architekt in Berlin und Co-Autor des Buches „Sozialistische Cowboys“ (Edition Suhrkamp)Foto: privat

Herr von Borries, was hatte die DDR mit dem Wilden Westen zu schaffen?

Friedrich von Borries: Es gab eine große Identifikation mit den Indianern. Sie waren die Unterdrückten des imperialistischen Klassenfeinds, die Widerständler, die Roten halt.

Wie passt das mit den ostdeutschen Countrystars zusammen, von denen heute Harald Wilk auftreten soll?

Man erkannte in den 70er-Jahren, dass der Cowboy nicht der Eigentümer der Produktionsmittel ist. Er passt ja nur auf die Kühe auf, lebt also auf der Stufe des Landproletariats. Zugleich gab’s die oberflächliche kulturelle Öffnung unter Honecker: Ein klein wenig Freiheit. Um ihnen die große vorenthalten zu können.

Und als die kam?

Reisten viele über den Teich und waren enttäuscht, dass die real existierenden Indianer so wenig ihren Projektionen entsprachen. Heute sind diese Leute Ritter oder Hunnen…

mit deutschnationalem Hintergrund.

Nicht weniger problematisch sind die, die Amerika als Projektionsfläche beibehalten haben und jetzt mit Reenactments den Bürgerkrieg nachspielen. Denn die meisten identifizieren sich mit den Südstaatlern, den Verlierern, die aber ihren Stolz behalten haben. Und sie behaupten, es sei damals nicht um Sklaverei, sondern nur um einen ökonomischen Konflikt gegangen, reicher, industrialisierter Norden gegen armen Süden. INTERVIEW: MAP

20 Uhr, „King Calavera“ Bar, Hans-Albers-Platz 1, freier Eintritt