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Der WochenendkrimiStammgäste

„Ein starkes Team: Lebende Ziele“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

Erst trifft es die tyrannische Vermieterin, dann den Schnorrerpunk. Ein Scharfschütze hat sich zum Herrn über Leben und Tod ernannt und dezimiert die Bewohner einer Ostberliner Nachbarschaft. Auf den ersten Blick ist keine Strategie hinter den Erschießungen auszumachen. Doch wer sich an die Sniper-Morde von Washington D. C. vor drei Jahren erinnert, wird auch die Täter in diesem Film recht schnell benennen können. In den USA wurden der damals 17-jährige Lee Boyd Malvo und der 41-jährige John Allen Muhammad der Morde überführt, die TV-Kommissare treffen bei ihren Untersuchungen auf ein ähnlich sonderbares Duo. Doch auch wenn sich die Schuldigen in diesem offensichtlich von den Washingtoner Ereignissen inspirierten Krimi bald erahnen lassen, entwickelt er eine gewisse erzählerische Effizienz: Hinter dem Täterrätsel tritt eine Gesellschaftsstudie hervor, in dem die psychoökonomische Gemengelage im Kiez aufgeschlüsselt wird. Zahnersatz und Taubendreck, verwahrlostes Hauseigentum und Ausbildungsplatzmisere sind nur einige von vielen miteinander verzahnten Faktoren dieses aufklärerischen Werks (Buch: Eva Zahn und Volker A. Zahn, Regie: Peter F. Bringmann).

Seit elf Jahren läuft „Ein starkes Team“ nun schon, heute bereits die 29. Folge. Im Gegensatz zu schickeren ZDF-Samstagskrimis schlägt die Serie, die den rustikalen Charme einer Eckkneipe versprüht, in der Schultheiss ausgeschenkt wird, kaum Wellen. Die beiden Hauptakteure Maja Maranow und Florian Martens spielen ihre Rollen so, wie Stammgäste am Tresen hocken: Hier ist unser Platz, hier kriegt uns keiner weg. Doch in der Sicherheit mehr als solider Quoten hat man jetzt eben auch zu einem schlüssigen Konzept gefunden. So ist „Lebende Ziele“ zu einem Lehrstück über Solidarität und Sozialneid in Reformdeutschland geraten.CHRISTIAN BUSS

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