Laut und politisch gegen Homophobie

TRANSGENIALER CSD Zum zwölften Mal zieht am Samstag der alternative CSD durch Kreuzberg. Er will nicht nur gegen Homophobie mobilmachen, sondern für alle Benachteiligten sprechen

Gegen Gewalt, gegen Rassismus, gegen Verdrängung – und gegen Homophobie sowieso: Der „Transgeniale CSD“ (TCSD), der am Samstag traditionell als Gegenpol zur Christopher-Street-Day-Parade durch Kreuzberg zieht, sieht sich als Forum für alle Benachteiligten. „Es geht uns darum, möglichst viele Menschen zu erreichen, die sonst keine Stimme haben“, sagt Tülin Duman. Sie ist Teil des basisdemokratisch organisierten Organisatorenteams des TCSD und Geschäftsführerin von Gladt, einem Zusammenschluss türkischstämmiger Schwulen, Lesben und Transgender. „Wir wollen keine Hierarchisierung der verschiedenen Themen.“

Unter dem Motto „Toleranz? Nein, danke. Glitter ohne Grenzen“ werden Freunde des TCSD vom Boxhagener Platz in Friedrichshain ab 14 Uhr über die Warschauer Brücke bis zum Heinrichplatz in Kreuzberg laufen. Dort ist für 18 Uhr eine Abschlusskundgebung geplant, zu der auch Vertreter des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin, einer Organisatorengruppe des Berliner Schülerstreiks und der Opferberatungsstelle ReachOut eingeladen werden.

Ein Teil des Veranstaltungskonzepts ist es, die Kluft zwischen den Demonstrierenden und dem Kreuzberger „Publikum“ durch ein Bühnenprogramm mit Liveshow sowie über eine Reihe von Infoständen zu überbrücken. Damit soll erreicht werden, dass die Kritik an homophober Diskriminierung nicht in einem abstrakten Raum stattfindet, sondern direkt dort ansetzt, wo sie passiert. Kritik übt Duman in diesem Zusammenhang an Spontandemos wie der in der Oranienstraße. Diese seien wegen ihres bisweilen einseitig anklagenden und aggressiven Untertons eher kontraproduktiv: „Mit so etwas macht man sich hier in Kreuzberg keine Freunde.“

Die Organisatoren wollen zeigen, dass man gegen Homophobie demonstrieren kann, ohne in einseitige Schuldzuweisungen zu verfallen. Der „große“ CSD im Westteil der Stadt ist ihnen längst zu kommerzialisiert und entpolitisiert geworden. Duman sieht in ihrem „Kreuzberger CSD“ auch die Möglichkeit, mit stadtteilspezifischen Themen wie der Angst vor Verdrängung, der prekären Lage des SO36 oder der Privatisierung von Bildung ein breites Spektrum von Menschen zusammenzubringen. Sie ärgert sich darüber, dass bei der Debatte über Homophobie einseitig Migrantenthemen und bestimmte Kieze im Blickpunkt stünden, wie sie meint. „Für mich birgt diese Diskussion die Gefahr, dass Gruppen gegeneinander ausgespielt werden.“

HANNO STECHER

www.transgenialercsd.de