Westbank am Rheinufer

Die Veranstaltung „Deutschland, Israel und Palästina“ im Düsseldorfer Museum Kunstpalast ließ keinen rationalen Umgang mit der Nahost-Krise zu. Im Gegenteil: Gestern eskalierte die Diskussion

AUS DÜSSELDORFHOLGER ELFES

Die Stimmung auf der Veranstaltung „Deutschland, Israel und Palästina – Geschichte und Gegenwart kollektiver Verdrängung“ am Wochenende im Düsseldorfer Museum Kunstpalast war aufgeheizt: Der fraktionslose Landtagsabgeordnete und ehemalige Möllemann-Intimus Jamal Karsli verteilte fleißig sein neues Buch „Maulkorb für Deutschland“, andere aus unterschiedlichen anti-israelischen Gruppierungen bekannte Gesichter betätigten sich als Zwischenrufer. Auf der anderen Seite saß ein Grüppchen jüdischer Diskussionsteilnehmer, das nicht weniger emotional erregt seine Sicht der Dinge kundtat.

Die Veranstalter des zweitägigen Symposiums hatten ihr Podium einseitig besetzt: Es sprachen der Palästinenser Anis Hamadeh, Ludwig Watzal von der Bundeszentrale für politische Bildung sowie Fanny-Michaela Reisin von der Organisation „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden“. Die israelische und auch deutsch-jüdische Mehrheitsposition, die dem Friedensprozess skeptisch gegenüber steht, vertrat in diesem Dialog keiner.

„Das Podium ist total einseitig besetzt“, kritisierte Patrick Pallade von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, „ich finde es unmöglich, dass so etwas mit Steuermitteln bezahlt wird.“ Mehr als 5.000 Euro hatte die Veranstaltung gekostet, auf der zwar jeder lebhaft seine Meinung kundtat, man aber doch kaum miteinander sprach.

Veranstalterin Marie Luise Syring verteidigte ihren Versuch, den Nahost-Konflikt in Düsseldorf erörtern zu lassen: „Es ist doch schon Pluralismus, wenn Juden und Palästinenser gemeinsam auf der Bühne sind“, sagte sie der taz. Die zahlreichen kritischen Anrufe und Bitten im Vorfeld um eine ausgewogenere Expertenrunde wies sie zurück.

Von Dialogkultur war auch am Samstag keine Spur. Dilettantisch führte Symposiumsleiter Wolfgang Dreßen, Politologe an der Düsseldorfer FH, durch die Auftaktveranstaltung. Gezeigt wurde der umstrittene Dokumentarfilm „Route 181“ des israelisch-palästinensischen Regisseurteams Eyal Sivan und Michel Khleifi. Der Film aus dem Jahr 2002 zeigt erschreckende Interviews, die an der imaginären Route 181, der 1947 von der UNO festgelegten Grenze zwischen Israel und Palästina, geführt wurden: Hysterische Juden fluchen darin auf Palästinenser, Vokabeln wie „Tiere“ und „Krebsgeschwür“ belegen ihre extremistische Gesinnung. Israelische Palästinenser treten nur als Opfer und Ankläger gegen Armee- und Behördenwillkür auf. Für Zwischentöne ist kaum Platz, der Extremismus der anderen Seite kommt nicht vor, die jüdischen Opfer ebenso wenig.

Statt anderthalb Stunden wie angekündigt, dauerte die Vorführung vier Stunden. Regisseur Sivan kam ohne weitere Angabe von Gründen nicht. Die dringend nötige Diskussion fiel aus. Eine vertane Chance.