Ende einer stürmischen Debatte

Die Opposition hatte wenig Chancen, Premier Karami im Parlament zu stürzen

BEIRUT dpa/afp ■ Im Nachhinein klingt er wie eine Prophezeihung, der Ruf „Morgen, morgen ist der Tag der Entscheidung“, mit dem die Demonstranten am Sonntagabend mit Marschmusik und Fahnen ins Stadtzentrum Beiruts zogen. Dass die Debatte um das Misstrauensvotum im libanesischen Parlament gegen die prosyrische Regierung um Präsident Émile Lahoud und seinen Ministerpräsidenten Omar Karami allerdings so schnell Folgen haben würde, konnte noch gestern Mittag niemand erwarten. Ganz abgesehen davon, dass die Opposition mit nur rund einem Drittel der Stimmen der 128 Abgeordneten für ihren Antrag rechnen konnte, hatten sich 80 Parlamentarier auf die Rednerliste setzen lassen. Bei einer durchschnittlichen Redezeit von 30 Minuten war damit zu rechnen, dass das Parlament erst Ende der Woche abstimmen würde. Außerhalb des Parlaments stieß das auf Unwillen. „Es gibt wirklich nichts Neues“, was es noch zu bereden gäbe, hörte man beim Friseur oder vom Taxifahrer.

Die Parlamentsdebatte begann mit einer Schweigeminute für den ermordeten Ex-Premier Rafik Hariri. Als erste Rednerin forderte die Abgeordnete Bahia Hariri, eine Schwester des Ermordeten, die Regierung auf, „zusammen mit ihren Agenten zu gehen“. Als Ministerpräsident Karami zu sprechen begann, verließ sie den Saal, um gegen die angebliche Untätigkeit der Regierung bei den Ermittlungen zu protestieren.

Karami verwahrte sich gegen den Verdacht, seine Regierung sei mitschuldig am Tod Hariris. Es sei eine „äußerste Ungerechtigkeit“, seiner Regierung die Verantwortung für den verbrecherischen Anschlag zuschieben zu wollen. Seine Regierung verurteile entschieden „dieses schreckliche Verbrechen“ und habe sich bereit erklärt, bei der Aufklärung mit der von der UNO eingesetzten Untersuchungskommission zu kooperieren. Karami rief die Opposition zum Dialog auf. Es gehe um die nationale Versöhnung und eine Verständigung mit Syrien.

Nach der Rede von Karamé wurde es stürmisch. Der Abgeordnete Marwan Hamadeh, der bei einem Attentat im vergangenen Oktober schwer verletzt worden war, forderte die Entlassung der Chefs von Polizei, Geheimdienst, Geheimpolizei und Präsidentengarde. Auch Oppositionsführer Walid Dschumblatt von der Volksgruppe der Drusen rief das Parlament dazu auf, gegen die Regierung zu stimmen. Alles andere wäre „ein neuerlicher Mord an Hariri“.

Wohl auch angesichts der Proteste auf dem Märtyrerplatz reichte es Karami dann. Er erklärte seinen Rücktritt: „Die Regierung wird keine Hürde für diejenigen sein, die das Wohl des Landes wollen.“ Aus den Parlamentsbänken erhob sich lauter Applaus. KAB

Mitarbeit: Alfred Hackensberger