Kein Bock mehr auf Krieg

Folge des Irakeinsatzes: US-Streitkräfte tun sich schwer, neue Soldaten zu rekrutieren

WASHINGTON taz ■ Gegen die täglichen Fernsehbilder vom Guerillakrieg im Irak sind die heldenhaften Werbevideos der US-Armee offenbar immer machtloser. Der Blutzoll – mit Stand vom Donnerstag 1.500 getötete und rund 10.000 verwundete GIs – zersetzt die Moral an der Heimatfront und treibt immer weniger junge Amerikaner in die Armee der US-Streitkräfte.

Im Februar ist das Rekrutierungsziel um 27,5 Prozent verfehlt worden. Damit blieb die US-Armee bei der Anwerbung von Soldaten erstmals seit Mai 2000 hinter ihrem Monatssoll zurück. Auch bei den Marineinfanteristen, den Elitetruppen des US-Militärs, konnte die Anwerbungsquote im Januar erstmals seit zehn Jahren nicht mehr erfüllt werden. Die gleiche Tendenz zeichnet sich bei den Reservisten und der Nationalgarde ab, die ein Rückgrat der US-Besatzungsmacht im Irak bilden.

„Der Krieg hat offensichtlich Auswirkungen“, räumte der Sprecher des US-Rekrutierungskommandos Douglas Smith am Donnerstag ein. Um der „besorgniserregenden Entwicklung“, so ein Pentagonsprecher, entgegenzuwirken, erhöhte die Armee die Anreizprämien für Rekruten. Für besonders wichtige Truppenteile werden nun 17.000 Dollar für einen Vierjahresdienst gezahlt. Reservisten erhalten statt wie bisher 8.000 Dollar künftig 10.000 Dollar. Außerdem sollen die finanzielle Hilfen für eine spätere Ausbildung aufgestockt werden.

Die nach dem Vietnamkrieg in eine Berufs- und Freiwilligenarmee umgewandelten US-Streitkräfte sind aufgrund der weltweiten Militäreinsätze an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen. Die Armee ist daher bemüht, ihre Kampfstärke von derzeit 480.000 auf 512.000 Soldaten bis 2009 zu erhöhen. Dazu müssen jedoch insgesamt 80.000 neue Soldaten und 22.175 Reservisten angeheuert werden.MICHAEL STRECK