Fischer erwog Rücktritt

Außenminister stellte wegen der Visa-Affäre die R-Frage. Er bleibt nun aber im Auswärtigen Amt. Erneut Vorwürfe

BERLIN taz/dpa/rtr ■ Für den Außenminister sind die Vorwürfe in der Visa-Affäre so substanziell, dass er seinen Rücktritt erwogen habe. Joschka Fischer sagte der Frankfurter Rundschau, er habe eine Abwägung vornehmen müssen. „Die habe ich mir selbst und einigen anderen vorgelegt und dann meine Entscheidung getroffen.“ Er bleibe im Amt. Denn: „Wir haben (…) das Problem Schritt für Schritt bis Anfang 2003 in den Griff bekommen.“

Die Welt erhob gestern wieder schwere Vorwürfe. Das Auswärtige Amt habe den Botschaften Anfang 2003 untersagt, direkt mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesgrenzschutz zusammenzuarbeiten. Es sei darum gegangen, von Seiten der Botschaften verdächtige Einlader von Osteuropäern durch das BKA überprüfen zu lassen. Es gebe Dokumente, die einen solchen Maulkorberlass belegen.

Fischers Behörde dementierte sofort. Die Zeitung verzerre die Wirklichkeit. Im Kampf gegen Visamissbrauch habe das Auswärtige Amt deutsche Botschaften sogar ausdrücklich zur Zusammenarbeit mit BKA und BGS ermuntert – allerdings nur in begründeten Einzelfällen. Ein allgemeiner Zugriff auf Visadateien sei aus Datenschutzgründen nicht zulässig gewesen. Vor dem Berliner Untersuchungsausschuss hatte ein BKA-Beamter zuletzt ausgesagt, er habe ab 2001 wegen der Visapraxis eng mit der Kiewer Botschaft kooperiert. Eine Liste verdächtiger Vieleinlader sei im Jahr 2001 aus Kiew überstellt worden. Dort wie in Minsk und Moskau gebe es auch eigene Verbindungsbeamte des Kriminalamts.

Unterdessen hat der grüne Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann davon berichtet, seine Fraktion habe sachliche Kritik an Fischer nicht zugelassen. Er und Christian Ströbele seien als illoyal abgestempelt worden, weil sie in der Sache Nachfragen stellten. Hermann kritisierte auch, die Parteivorsitzende Claudia Roth habe kein schlüssiges Konzept im Umgang mit der Affäre gehabt. CIF