Das Opfer einer heiklen Mission

Der getötete Geheimdienstoffizier Nicola Calipari hat schon oft im Irak verhandelt

ROM taz ■ „Ein Freund“ – mit diesem einfachen Wort beschreibt Gabriele Polo, der Chefredakteur von il manifesto, sein Verhältnis zu Nicola Calipari. Es war eine merkwürdige Freundschaft, die sich in den letzten vier Wochen entwickelt hatte zwischen dem Geheimdienstoffizier und dem Chef eines Blattes, das sich im Kopf als „kommunistische Tageszeitung“ bezeichnet. Sofort, so Polo, habe er bemerkt, dass er diesem Agenten blind vertrauen könne, der von der italienischen Regierung den Auftrag hatte, Giuliana Sgrena wohlbehalten zurückzubringen.

Der 51-jährige Nicola Calipari leitete seit 2002 die Abteilung „Internationale Missionen“ des militärischen Geheimdienstes Sismi. Doch er war nicht im Geheimdienst groß geworden: Der Jurist hatte zunächst mehr als 20 Jahre als Polizeikommissar gearbeitet, in Mafia-, Drogen-, Entführungsermittlungen Erfahrung gesammelt. Im Sismi machte er dann eine schnelle Karriere; ihm wurden die heikelsten Missionen im Irak anvertraut. Ob bei der Entführung der vier italienischen Bodyguards im April 2004, ob bei der Geiselnahme und Ermordung Enzo Baldonis, ob dann bei der Befreiung von Simona Pari und Simona Torretta im September letzten Jahres: Immer war es – wie erst jetzt nach seinem Tod bekannt wurde – Calipari, der diskret das Netz der Kontakte knüpfte und, wohl per Zahlung hoher Lösegelder, die Geiseln freizubekommen suchte.

Keiner, der ihn kannte, beschreibt ihn als Rambo, sondern als ebenso besonnenen wie herzlichen Mann. Und als Mann, der das Risiko seiner Einsätze kannte. Calipari starb, weil er sich schützend über Giuliana Sgrena warf. Und il manifesto würdigt ihn: Er habe mit seinem Opfer Giuliana Sgrena nach der Befreiung aus der Geiselhaft zum zweiten Mal gerettet. MICHAEL BRAUN