Messe hat Stress mit ihrem Cross-Border-Bruder

Das Cross-Border-Leasing könnte Köln doch noch Probleme bereiten: Der Messe-Investor will plötzlich mehr Garantien. Auch die oberste US-Steuerbehörde verschärft ihren Kurs gegen die Deals. Die Stadt sieht für Köln dennoch kein Risiko

KÖLN taz ■ Die Anzeichen mehren sich, dass die so genannten Cross-Border-Leasings auch Köln noch größere Schwierigkeiten bereiten könnten. Die Kölner Stadtwerke haben in den Jahren 1996 und 2002 Straßenbahnwagen und im Jahr 2000 Klärwerke sowie Kanalnetzteile verleast und damit kurzfristig mehrere Millionen Euro verdient. Auch die Kölnmesse als quasi stadteigener Betrieb hat 2002 mit der John Hancock Life Insurance Company einen Leasing-Vertrag für ihre Hallen abgeschlossen. Transaktionsvolumen: 601 Millionen Euro. Nun hat die Messe Post aus Amerika bekommen.

In einem Schreiben von Anfang Februar fordert John Hancock eine „Risikoerhöhung“ von der Kölnmesse, also eine Ausweitung ihrer Garantien für die vertraglich zugesicherte Instandhaltung der verleasten Objekte. Hintergrund ist eine Absenkung des Ratings für das Land Nordrhein-Westfalen durch die Unternehmensberatung Standard&Poor‘s vom 21. Dezember letzten Jahres. Ein Rating ist eine Einstufung der Bonität von Kreditnehmern. Die Senkung des Ratings für NRW wirkt sich auch auf Eigenbetriebe wie die Kölnmesse aus. Denn wenn die Messe pleite geht, muss die Stadt einstehen. Und wenn die pleite geht, muss das Land einstehen.

In der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses wollte die PDS-Fraktion von der Verwaltung wissen, welche Möglichkeiten zur Ausweitung ihrer Garantien der Kölnmesse offen stehen und welche Kosten daraus möglicherweise resultieren. Stadtkämmerer Peter-Michael Soénius erklärte, dass das Grundstück der Messe mit einer Eintragung im Grundbuch belastet wird. Er teilte aber nicht die Meinung von PDS-Ratsherr Jörg Detjen, dass der Wert des Messegeländes damit sinke. Die Kölnmesse bestätigte gestern, dass eine Änderung der Grundbucheintragung ansteht. „Das ist ein formaler Akt, der keine finanziellen Konsequenzen für die Stadt oder die Messe hat“, betonte Messe-Sprecherin Alrun Griepenkerl gegenüber der taz. Die Eintragung diene dem US-Investor als „Dokumentation gegenüber seiner Steuerbehörde“.

Seit Mitte der 90er Jahre nutzten Städte, Gemeinden und Privatunternehmen in Deutschland zusammen mit Privatfirmen aus den USA Lücken im US-Steuerrecht, um Milliarden Euro am Fiskus vorbei zu schleusen, indem öffentliches Eigentum zunächst an einen US-Investor verkauft und dann zurückgemietet wurde. Geschätzt wird der Steuerausfall für die USA auf jährlich 3 Milliarden Dollar.

Der US-Fiskus will sich diese Steuertricks nicht länger bieten lassen. Planungen für eine Gesetzesänderung hatten im vergangenen Jahr dazu geführt, dass bereits angebahnte Leasings auf Eis gelegt wurden. Doch damit ist die Gefahr nicht gebannt. Am 11. Februar veröffentlichte der „Internal Revenue Service“ (IRS), die zentrale Steuerbehörde der USA, eine Mitteilung, in der sie Cross-Border-Leasings als rechtsmissbräuchlich einstuft und die Absicht erklärt, alle seit 1999 geschlossenen Verträge zu prüfen.

Die Stadt Köln beurteilt die bestehenden Verträge in ihrer Antwort auf eine aktuelle PDS-Anfrage als wasserdicht: „Das Risiko der steuerlichen Nichtanerkennung durch den IRS bleibt umfänglich beim US-Investor und kann, außer in den Fällen von Vertragsverletzungen, nicht auf den deutschen Leasingnehmer abgewälzt werden.“ Finanzexperten befürchten jedoch seit geraumer Zeit, dass es genug Stellen in den extrem komplizierten Vertragswerken gibt, an denen die US-Firmen ansetzen können, um den Kommunen eine solche Vertragsverletzung nachzuweisen. Schadenersatzforderungen in Millionen- oder gar Milliardenhöhe wären die Folge.

SEBASTIAN SEDLMAYR,
WOLFGANG JORZIK