Jukebox

Gute-Laune-Partys in Berliner Hinterhöfen

Mina gehören in die Zeit, als man sich nachts in der Gegend rund um die Hackeschen Höfe aufhielt und meist in Bars ging, die den Namen des Wochentages trugen. Schön war das und praktisch zudem, konnte man sich auf diese Weise doch recht unbeschwert durch die Woche hangeln. Das Klischee trifft die Sache haargenau, wenn man sagt, dass sich diese Bars meist in Hinterhöfen von heruntergekommenen, abbruchreifen Altbauten befanden. Ebenso wie die Galerie berlintokyo natürlich, in der damals Bands wie das junge Jeans Team oder die heute deutschlandweit bekannten Stereo Total auftraten und Alec Empire an Silvester gemeinen Tinnitus verbreitete, und die rappelvoll war, als Mina hier eines ihrer ersten Konzerte gaben. Vier junge Menschen standen da, die sehr unspektakulär aussahen, deren Musik einem aber sofort gute Laune machte und zum Feiern einlud, so frisch und druckvoll kam das daher. Drei Männer an Bass, Gitarre und Schlagzeug und eine Frau an der Orgel, die ein klein wenig im Vordergrund stand und deren Namen, Masha, irgendwie jeder im Publikum kannte. Masha legte ausschweifende Keyboardteppiche über Bassläufe und bewegte sich ganz wunderbar erratisch dazu; man fühlte sich warm umhüllt, wenn aus kleinen Melodien Hymnen mit viel Dramatik und ein bisschen Disko erwuchsen. Zur Beschreibung von Minas Musik kursierte damals der Begriff Funk-Rock. Leichter nachzuvollziehen ist da wohl der Vergleich mit Bands wie The Notwist und Stereo Lab oder auch der Berliner Gruppe Contriva, die etwa zur gleichen Zeit bekannt wurde. Wie dem auch sei; auf den Auftritt in der Galerie berlintokyo folgte einige Zeit später ein Konzert im „Kunst und Technik“ am Monbijoupark – auch so ein Laden, den man damals einfach nicht verpassen durfte. Hier stellten Mina ihre erste EP vor, und jeder, der dort war, kaufte ein Exemplar. 1998 war das alles. Ganz schön lange her. SEBASTIAN FRENZEL