Schritt für Schritt ins Paradies

Auch wenn Brandenburg nicht vom Städtetourismus profitiert, verzeichnet das Land eine positive Bilanz. Hoffnungen setzen die Touristiker auf die Internationale Bauausstellung Fürst-Pückler-Land

VON UWE RADA

Wenn heute an den Messehallen unterm Funkturm zum 39. Mal die Tore der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) geöffnet werden, werden viele Blicke auf die Aussteller aus Brandenburg gerichtet sein. Bereits im vergangenen Jahr wurde das Bundesland nach Polen für die zweitbeste Präsentation eines europäischen Landes ausgezeichnet. Und wenn in diesem Jahr das Thema Kulturtourismus auf der ITB hält, was es verspricht, wird Brandenburg wieder ganz vorne liegen.

Immerhin liegt der Anteil derer, die als erklärte Kulturtouristen ins Land kommen, in Brandenburg mit 7 Prozent höher als im Rest der Republik mit 4,9 Prozent. Dieser Vorsprung soll ausgebaut werden, betont Brandenburgs Kulturministerin Johanna Wanka (CDU). Mit ihren vielen Schlössern und Theatern habe die Mark dafür äußerst gute Entwicklungspotenziale. Dazu zählen auch die 29 Städte mit historischen Stadtkernen sowie die 350 Museen des Landes.

Und nicht zuletzt weiß Wanka: Der Kulturtourist gibt mit durchschnittlich 76 Euro am Tag mehr aus als der Otto Normalreisende, der in Brandenburg nur 68 Euro lässt. Kein Wunder also, dass die Kulturministerin eigens einen „Leitfaden Kulturtourismus in Brandenburg“ erstellen ließ, der den Anbietern beim Zusammenstellen spezieller Kulturangebote hilfreich sein soll.

Die Erfolgsgeschichte Kulturtourismus wirft aber zugleich auch ein Licht auf die Schwächen der touristischen Entwicklung in Brandenburg. Sieht man einmal von Potsdam ab, kann das Nachbarland, anders als Berlin, kaum vom europäischen Megatrend des Städtetourismus profitieren. Auch der Zuwachs, den die Billigairlines der Hauptstadt verschafft haben, geht an Brandenburg im Wesentlichen vorbei. Der wichtigste Quellmarkt für das brandenburgische Hotel- und Gaststättengewerbe ist und bleibt Berlin und Brandenburg selbst. Das gilt nicht nur für die Übernachtungsgäste, sondern auch und gerade für die Tagesbesucher. Die zieht es nach Potsdam oder auch ins neu eröffnete Tropical Islands nach Brand.

Dennoch zeigte sich Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) vor Beginn der ITB zuversichtlich. Mit 8,5 Millionen Übernachtungen in Hotels und Pensionen mit mehr als acht Betten kann Brandenburg ein Wachstum von 0,6 Prozent verbuchen. Insgesamt wurden 2004 3,05 Millionen Reisende in Brandenburg gezählt, 3,3 Prozent mehr als im Vorjahr.

Zwar habe Berlin 16 Prozent Zuwachs an Übernachtungen verzeichnen können, sagt der Sprecher der Tourismus Marketing Brandenburg, Christian Tänzler. „Wegen der Zunahme der Städtereisen kann man eine Großstadt mit einem Flächenland aber nicht vergleichen.“ Tänzler freute sich vielmehr, dass Brandenburg auf Platz drei der ostdeutschen Bundesländer liege, hinter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen.

Insgesamt fällt die Brandenburger Tourismusbilanz regional sehr unterschiedlich aus. Während der Spreewald, das Ruppiner Land und das Oder-Spree-Seengebiet mit je knapp unter 1 Million Übernachtungen ganz vorne liegen, trägt das Elbe-Elster-Land mit knapp 200.000 Übernachtungen noch immer die rote Laterne. Gleichwohl hat der Landkreis Elbe-Elster mit 7,1 Prozent den höchsten Anstieg gegenüber 2003. Als Grund nennt Tourismussprecher Tänzler die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land, die mit der Abraumförderbrücke F 60 ein touristisches Highlight für die Region geschaffen habe.

Überhaupt haben die Touristiker große Hoffnungen auf die IBA. „Der Mix aus Mondlandschaft, Seengebiet und Industriedenkmalen ist einmalig“, sagt Christian Tänzler, „und wenn die Seen in 15 Jahren alle geflutet sind, haben wir die größte von Menschenhand geschaffene Seenlandschaft in Europa.“

Doch der Optimismus ist nicht ungetrübt: „Jede Nachricht über Rechtsradikalismus, die mit Brandenburg in Verbindung gebracht wird“, sagt Tänzler, „ist für das Image des Landes und das Tourismusmarketing eine Katastrophe.“