Ruhrkohle bleibt schwarzes Loch

Den hochfliegenden Börsenplänen von RAG-Chef Müller folgt Ernüchterung: Eigentümer wie der Energieriese E.ON bleiben skeptisch. Zweifel auch bei Steuerzahlern, Aktionärsschützern und Politik

VON ANDREAS WYPUTTA

Wulf Bernotat, Vorstandsvorsitzender des Stromriesen E.ON, bleibt skeptisch. Für eine Entscheidung über einen möglichen Börsengang der Essener RAG sei es „noch viel zu früh“, so der Chef des Energieversorgers, der mit 40 Prozent größter Anteilseigner der früheren Ruhrkohle AG ist. Auch die bisherigen Großaktionäre RWE und ThyssenKrupp zeigen sich wie die Politik verärgert. Solche Pläne müssten vor Veröffentlichung erst zu Ende gedacht werden, so SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder schon am Dienstag.

RAG-Chef und Ex-Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hat mit seinem vorschnellen Vorstoß nicht nur die Sozialdemokraten gegen sich aufgebracht. Wie Opposition und Grüne befürchtet auch der Bund der Steuerzahler, die RAG wolle Altlasten und Risiken des Steinkohlebergbaus auf den Bund und damit die Gemeinschaft der Steuerzahler verlagern. Nach Müllers Plänen sollen die bisherigen RAG-Großaktionäre auf ihre Anteile verzichten und so den Weg an die Börse freimachen. Der Erlös von vier bis fünf Milliarden Euro könnten so in einen Fonds des Bundes fließen, der im Gegenzug Bergarbeiter-Pensionen, Altlasten durch Bergschäden und so genannte Ewigkeitskosten, etwa durch Wasserhaltung am Niederrhein aufkommen soll.

Doch nicht nur der Wirtschaftsexperte der FDP-Landtagsfraktion, Gerhard Papke, bezweifelt, dass fünf Millionen dazu ausreichen. „Es muss sichergestellt werden, dass die Steuerzahler nicht über Gebühr belastet werden“, warnt auch Heiner Cloesges vom nordrhein-westfälischen Bund der Steuerzahler. Und Aktionärsvertreter wie der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz wollen sich zu Müllers Deal nicht äußern – noch fehlten verlässliche Zahlen und damit jede seriöse Bewertungsgrundlage.

„Die Zahlen müssen endlich auf den Tisch“, fordert deshalb der grüne Energieexperte Reiner Priggen. Zwar sei Müllers Plan grundsätzlich „nachvollziehbar und einleuchtend“ – befreit von der Last ihrer Steinkohletochter DSK könne der „weiße Bereich“ der RAG, etwa mit dem Kraftwerksbauer Steag, schlagkräftiger werden. „Risiken für den Steuerzahler aber müssen ausgeschlossen werden“, betont Fraktionsvize Priggen. Es bestehe die Gefahr, dass die bisherigen Besitzer E.ON, RWE und ThyssenKrupp die Bergbau-Altlasten möglichst günstig in Richtung Bund schieben wollten (siehe Kasten). „Durchaus möglich, dass die Börsenerträge nach wenigen Jahren aufgezehrt sind“, warnt der Grüne. Nötig sei deshalb auch ein geregelter Ausstieg aus der Steinkohleförderung bis 2015: „Es kann nicht sein, dass wir mit der Dauerförderung eines nationalen Kohlesockels einen neuen volkseigenen Betrieb Steinkohle gründen.“