Das Drama um die Kölner Oper

Der Erhalt der Riphahn-Gebäude wird teuer, ein Neubau noch teurer. Für die Sanierung gibt es drei Finanzierungsmodelle TEXTE: SEBASTIAN SEDLMAYR

Die Bewahrer

Ihr Credo: Oper und Schauspiel werden rundum saniert und danach wieder voll bespielt. Die Förderstruktur bleibt

Die kulturpolitischen Sprecher der Ratsfraktionen sind sich weitgehend einig: Opern- und Schauspielhaus, in den Jahren 1957 und 1962 nach einem Entwurf des Architekten Wilhelm Riphahn erbaut, sollen gründlich saniert werden. Und eine Stadt wie Köln, immerhin die viertgrößte Deutschlands, brauche ein Dreispartenhaus mit voller Ausstattung. Punkt. Auch der geschäftsführende Intendant der Kölner Bühnen, Peter F. Raddatz, hat sich für eine Sanierung ausgesprochen.

Während sich der Grüne Peter Soerries auf die Sanierung festgelegt hat, lassen sich die Spitzen-Kulturpolitiker der Ratskoalition, Lothar Theodor Lemper (CDU) und Hans-Georg Bögner (SPD) hingegen Hintertürchen offen. Er könne sich „einen Neubau vorstellen, wenn der durch eine qualitätsvolle Architektur einnimmt“, sagte unlängst Lemper. Bögner kündigte eine „Prüfung“ der Optionen an.

Die Bewahrer sind für kleine Schritte: Ein bisschen Grün auf dem Offenbachplatz und eine Verengung der Nord-Süd-Fahrt könnten dazu beitragen, den Platz vor der Oper, der immerhin nach dem berühmtesten Komponisten der Stadt, Jacques Offenbach, benannt ist, aufzuwerten. Die Sanierung der Gebäude böte außerdem die Chance, die verstreuten Werkstätten der Bühnenbetriebe wieder am Ort zu versammeln und die bislang ins Foyer integrierte Kinderoper auszulagern.

Finanzpolitische Argumente bekommt die Fraktion der Bewahrer von Stadtentwicklungsdezernent Bernd Streitberger. Der hat in einem Gutachten Anfang Februar zur „Zukunft der Kölner Bühnen“ errechnet, dass eine Sanierung maximal 186 Millionen Euro kostet, während ein Neubau mit 234 Millionen zu Buche schlägt. Aber auch aus stadtentwicklungspolitischer und kulturpolitischer Sicht plädiert Streitberger in seiner 98seitigen Vorlage für den Erhalt des architektonischen Ensembles als Spielstätte.

Das Problem der Bewahrer liegt auf der Hand: Ihre Version kostet die Stadt einen Haufen Geld, den sie nicht hat (siehe Text unten). Sie können allerdings mit Blick auf das Streitberger-Papier darauf verweisen, dass ein Neubau noch teurer wäre.

Die Revoluzzer

Ihr Credo: Haus und Ensemble werden getrennt. Und die Riphahn-Gebäude werden umgebaut oder abgerissen

Stadtkämmerer Peter-Michael Soénius hat den Stein ins Rollen gebracht: Weil aus dem Haushalt kein Geld für die Sanierung der Riphahn-Gebäude am Offenbachplatz aufzubringen sei, sollen private Geldgeber ran. Die könnten an anderer Stelle, beispielsweise am Breslauer Platz oder auch auf der Deutzer Werft, eine neue Spielstätte errichten und im Gegenzug den Offenbachplatz zur mehr oder minder freien Vermarktung bekommen. So könnten die Gebäude zum Einkaufszentrun oder einem Hotel umfunktioniert werden.

Mitarbeiter der Städtischen Bühnen befürchten, dass sie in einer „neuen Oper“ keinen Platz mehr hätten, weil diese als reine „Abspielbude“ für Ensembles aus aller Welt errichtet würde. Werkstätten und Personal könnten so „eingespart“ werden.

Nutznießer wäre nicht zuletzt die organisierte freie Kulturszene. Zum einen, so die Hoffnung, würden Fördermittel frei, die wenigstens zum Teil auf die privaten Theater umverteilt werden könnten. Zum zweiten wären auch kleine, private Spielstätten attraktiv für ein verbleibendes städtisches Rumpfensemble.

Unvermutete Unterstützung erhalten die Neubauer von Generalmusikdirektor Markus Stenz und Opernintendant Christoph Dammann, die sich nach eigenem Bekunden einen „kühnen Neubau“ vorstellen können.

Zu einer noch radikaleren Forderung, nämlich zu der nach Abriss der Riphahn-Bauten, ließ sich die sonst so bedächtige Elke Heidenreich hinreißen, die einzig in der Kinderoper noch einen Funken Schönheit erkennen mag. Wen wundert‘s, dass sie dort immer ihre Lesungen hält? Auch Ex-Intendant Günter Krämer plädiert, gewissermaßen aus dem Off, für „Abriss!“

Wie die Bewahrer haben die Revoluzzer ein Problem: Es gibt keinen geeigneten Ausweichort. Von neun geprüften Orten hat laut städtischem Gutachten der Offenbachplatz mit Abstand am besten abgeschnitten.