LVR weiter gegen „Geschlossene“

SPD, Grüne und FDP sind empört, dass sich ein Dezernent des Landschaftsverbandes Rheinland für mehr geschlossene Heimplätze ausspricht. Verwaltung sagt Korrektur zu

KÖLN taz ■ Heftige Kritik musste gestern der für den Bereich Schule und Jugend zuständige Dezernent des Landschaftsverbands Rheinland, Michael Mertens, einstecken. „Völlig unmotiviert“ und zudem „eine Provokation der Politik dieses Hauses“ seien dessen Ausführungen zur geschlossenen Heimunterbringung von Jugendlichen gewesen, urteilte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Karl-Josef Keil. Mertens hatte sich im Februar – ohne vorherige Absprache mit den Gremien des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) – dafür ausgesprochen, das Thema „aus der Tabuzone“ zu holen und mehr Heimplätze zur geschlossenen Unterbringung einzurichten. Der LVR hat sich in der vergangenen Legislaturperiode grundsätzlich gegen die geschlossene Heimunterbringung positioniert.

Vor dem Landschaftsausschuss, dem zentralen Beschlussorgan des LVR, musste Mertens sich gestern zu den Vorwürfen äußern. Seine Positionen stünden „nicht in Widerspruch“ zu den Beschlüssen des LVR, verteidigte sich Mertens. Er habe lediglich betonen wollen: „Vier Plätze reichen für das Rheinland nicht aus.“ Das kam bei der Koalition aus SPD, Grünen und FDP gar nicht gut an. Sie sei „erschüttert“ von der Rechtfertigung und glaube, Mertens sei sich „der Tragweite nicht klar“, sagte die grüne Fraktionsvorsitzende Andrea Asch. Es gehe „nicht um vier oder acht Plätze, sondern um eine Grundsatzposition“. Leichte Rückendeckung bekam Mertens lediglich aus der CDU-Fraktion: „Auch ein Landrat muss das Recht haben, über das Thema nachzudenken“, meinte Johannes Dünner.

Sichtlich zerknirscht gab LVR-Direktor Udo Molsberger als Chef der Verwaltung eine Vier-Punkte-Erklärung zum Thema ab: Der Inhalt von Mertens‘ Presseerklärung sei nicht mit ihm abgestimmt gewesen. Die LVR-Direktion stehe dafür, dass die Beschlüsse umgesetzt würden. Die Debatte habe in den Gremien zu erfolgen. Er werde die Beschlüsse zum Thema der Presse zugänglich machen, wenn der Ausschuss dies wünsche. Die Ausschussmehrheit wünschte und veranlasste eine entsprechende Presseerklärung zur Klarstellung der LVR-Position.

Neben den Äußerungen Mertens‘ stand gestern auch der LVR-Haushalt 2005 auf der Tagesordnung des Landschaftsausschusses. SPD, Grüne und FDP verabschiedeten den Etat, die CDU enthielt sich. Endgültig beschlossen wird der Haushalt mit einem Volumen von 3,1 Milliarden Euro am 18. März von der Landschaftsversammlung. Rund 80 Prozent der LVR-Gelder fließen in soziale Projekte – zum Beispiel in das Gesundheitszentrum für MigrantInnen in Köln und die Psychiatrische Hilfsgemeinschaft Duisburg. Der Landschaftsausschuss hat die Zuschüsse für diese beiden Einrichtungen gestern von 51.000 auf 75.000 Euro erhöht. SEBASTIAN SEDLMAYR