Köln rechnet nicht mit Frauen

Statt das vom Rat geforderte Konzept für eine geschlechtergerechte Haushaltspolitik vorzulegen, will die Stadtverwaltung erstmal einzelne Pilotprojekte starten. Grüne sprechen von „Hinhaltetaktik“

VON SUSANNE GANNOTT

Wenn die Stadt Geld bereitstellt für einen neuen Fußballplatz, ist das schön – vor allem für Männer und Jungen. Wenn sie die Mittel für die Schwangerschaftsberatung kürzt, ist das schlecht – für Frauen und Mädchen. Wer es ernst meint mit der Gleichstellung der Geschlechter, muss die oft unterschiedlichen Interessen und Lebenslagen von Frauen und Männern bei politischen Vorhaben von vorne herein berücksichtigen. „Gender Mainstreaming“ heißt das auf Neudeutsch.

Im vergangenen Sommer beauftragte der Hauptausschuss des Rates die Verwaltung, „möglichst“ bis Jahresende ein Konzept vorzulegen, wie die Stadt Köln die Anforderungen des Gender Mainstreaming umsetzen könne. Dabei müsse vor allem auf geschlechtergerechte Haushaltspolitik, das „Gender Budgeting“, geachtet werden. Auch die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Christine Kronenberg, setzt große Hoffnungen in das Gender Budgeting. „Gerade bei Kürzungen machte man sich bilang nie Gedanken, ob Frauen besonders betroffen sind.“

Kronenbergs Kollegen in der Stadtverwaltung betreiben in diesem Punkt allerdings eine „Hinhaltetaktik“, kritisiert der stellvertretende Fraktionschef der Grünen, Jörg Frank. Seine Partei hatte im Finanzausschuss am Donnerstag gefragt, wann die Verwaltung den Beschluss vom vorigen Jahr umzusetzen gedenkt – zumal gerade noch der Haushalt für die nächsten zwei Jahre beraten werde.

Die Antwort der Verwaltung ist in der Tat ernüchternd: Wie und wann die Strategie des Gender Mainstreaming und Budgeting umgesetzt wird, könne „nach jetzigem Bearbeitungsstand noch nicht beantwortet werden“. Auch die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen kann die Verwaltung bislang nicht abschätzen. Im kommenden Doppelhaushalt wird die Geschlechtergerechtigkeit also nicht Einzug halten, bestätigt Kronenberg: „Das werden wir nicht schaffen.“

Besonders ärgert den grünen Finanzexperten Frank, dass die Verwaltung die ohnehin anstehende Reform des Haushalts nach dem „Neuen Kommunalen Finanzmanagement“ (NKF) nicht dazu nutzen will, das Gender Budgeting einzuführen. Bis 2009 müssen alle NRW-Kommunen ihre Haushaltspläne auf kaufmännische Buchführung umstellen. „Das wäre eine gute Gelegenheit, die Frage der Geschlechtergerechtigkeit einzubeziehen“, so Frank. Man könnte einige zusätzliche Zahlen und Parameter in den Haushalt aufnehmen, an denen sich ablesen lässt, welche städtischen Leistungen welche Auswirkungen auf Männer und Frauen haben. „Wir können zumindest versuchen, das in Daten zu erfassen.“ Die Stadt argumentiert allerdings, dass das „notwendige Datenmaterial weitgehend nicht vorhanden ist und erst aufgebaut werden muss“. Außerdem habe das NKF eine solche „Komplexität“, dass die Verwaltung das Gender Budgeting in diesem Rahmen nicht aufgreifen könne.

Stattdessen will man den geschlechtergerechten Haushalt nun erst einmal in Pilotprojekten testen. Zum Beispiel in der städtischen Öffentlichkeitsarbeit. „Bei Werbeplakaten sollten wir darauf achten, dass sich Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen angesprochen fühlen“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte Kronenberg. Beim Ehrenamtspreis etwa, der zur Zeit massiv beworben wird, seien fast nur Männer auf den Plakaten abgelichtet. „Dabei wird der größte Teil der ehrenamtlichen Arbeit von Frauen gemacht.“