Sozialismus siegt in Zuffenhausen

Justizministerin Brigitte Zypries stellt Gesetzentwurf zur Offenlegung von Managergehältern in Aktiengesellschaften vor. Porsche sieht das Grundgesetz der Bundesrepublik bedroht und befürchtet die Einführung des Sozialismus

BERLIN dpa/ap/taz ■ Die Einführung des Sozialismus steht in der Bundesrepublik unmittelbar bevor – jedenfalls wenn man Porsche-Chef Wendelin Wiedeking glaubt. Denn gestern stellte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ein Gesetz vor, das alle knapp 1.000 börsennotierten Aktiengesellschaften dazu zwingen soll, die Gehälter ihrer Manager offen zu legen. „Das wäre Sozialismus“, entfuhr es Wiedeking dazu am Donnerstag. Gestern legte das Zuffenhausener Fahrzeugunternehmen nach: Die Offenlegung verstoße gegen die Verfassung. „Schlichte Neugier und diffuse Transparenzbedürfnisse einer selbst ernannten kritischen Öffentlichkeit rechtfertigen den geplanten Eingriff nicht“, hieß es in einer Erklärung.

Ministerin Zypries geht es bei ihrem Gesetz vor allem um Transparenz der Manager gegenüber ihren Aktionären. Denn nicht nur Porsche, sondern auch BMW, DaimlerChrysler oder BASF weigern sich, eine entsprechende Selbstverpflichtung zur Offenlegung der Topverdiener einzuhalten. Nur 20 von 30 Dax-Unternehmen sind bisher zu genauen Angaben über die Gehälter bereit. „Wir haben eine harte Front derer, die sagen, wir machen das auf keinen Fall“, sagte Zypries. Deshalb müsse man jetzt handeln.

Künftig sollen alle börsennotierten Unternehmen einmal pro Jahr die genauen Gehälter ihrer Topmanager nennen. Im Anhang zum Jahresabschluss müssen für jedes einzelne Vorstandsmitglied die gesamten Bezüge angegeben werden. Dabei soll nach erfolgsabhängigen, erfolgsunabhängigen und Bestandteilen mit „langfristiger Anreizwirkung“ wie Aktienoptionen unterschieden werden. Bislang müssen die Bezüge nur für den Vorstand insgesamt angegeben werden.

Die Ministerin verwies darauf, dass es ähnliche Gesetze in den USA und Kanada, aber auch in Großbritannien, Frankreich und Italien längst schon gibt. „Wir gehen keinen Sonderweg, sondern folgen nur internationalen Trends.“

Eine Chance hat der Zuffenhausener Porsche-Chef Wendelin Wiedeking aber noch. Wenn nämlich die Aktionäre auf der Hauptversammlung eines Unternehmens mit Dreiviertelmehrheit eine weitere Geheimhaltung der Managergehälter beschließen, müssen auch weiterhin keine Einzelheiten veröffentlicht werden. Auf diese Weise, so Ministerin Zypries, solle klar gemacht werden, dass es nicht um eine „Neiddebatte“ gehe, sondern um mehr Rechte für die Aktionäre.

Unterstützung erhielt Zypries vom früheren ThyssenKrupp-Chef Gerhard Cromme, der die Entscheidung „konsequent“ nannte. Dagegen erklärte der Bundesverband der deutschen Industrie, jedes Unternehmen habe das Recht, allein zu entscheiden. KLH

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