schwarz, weiß und gestreift von RALF SOTSCHECK
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Manchmal ist es in der Kirche unterhaltsamer als im Kino. Vor acht Tagen gab es eine Gedenkfeier für meine Schwiegermutter Annie, die vor zwei Jahren gestorben ist, und ihren Bruder Mick, der ihr ein Jahr später folgte. Der Andrang zum Gottesdienst in dem kleinen irischen Ort Timahoe, dem Heimatdorf der beiden, war immens. Selbst in den Gängen standen die Leute dicht gedrängt.

„Ich wusste gar nicht, dass Annie und Mick so beliebt waren“, flüsterte ich meinem Schwager zu. „Die Leute sind wegen des Pfaffen hier“, flüsterte er zurück. „Wenn der predigt, kommen die Menschen sogar aus den umliegenden Dörfern. Er ist jung, noch keine 60, und er gilt als fortschrittlich, weil er sich immer brisante Themen für seine Ansprachen ausdenkt.“ Heute war sein Thema Mischehen.

Nein, nicht die Heirat von Protestanten und Katholiken, ganz so fortschrittlich war der Priester denn doch nicht. Es ging um die Ehen zwischen Schwarzen und Weißen. Das hatte zwar nicht das Geringste mit Annie und Mick zu tun, die beide mit Weißen verheiratet waren, aber eine rassenkundliche Lehrstunde von einem, der weder von Schwarzen, noch von der Ehe irgendeinen Schimmer hat, konnte heiter werden.

Vor einem Jahr sei eine völlig aufgelöste Frau zu ihm gekommen, erzählte der Pfarrer, weil ihre Tochter in Dublin einen Schwarzen kennen gelernt hatte und ihn nun heiraten wollte. „Die Frau fragte mich, ob er sie töten, rösten und verspeisen werde“, sagte der Pfarrer. „Ich aber sagte ihr, dass der schwarze Mann genauso gut ist wie der weiße Mann: Vor Gott sind wir alle gleich.“ Wir Katholiken, meinte er natürlich.

Ein paar Jugendliche hielten es nicht mehr aus und verdrückten sich unauffällig durch die Seitentür, begannen aber lauthals zu lachen, bevor die Tür wieder geschlossen war. Das wirkte ansteckend. In der Kirche ging es zu wie im Film „Das Leben des Brian“, wo alle verzweifelt versuchen, das Lachen zu unterdrücken, wenn der Name des römischen Offiziers Pimmulus Longus fällt. Die Frau neben mir presste sich ein Taschentuch vor den Mund, bis ihr die Tränen kamen, ihr Mann täuschte einen Hustenanfall vor.

Der Pfarrer ließ sich nicht beirren: „Und hat er sie getötet“, rief er in die Kirche, „hat er sie geröstet, hat er sie gegessen?“ Die Gemeinde starrte gebannt auf den Pfarrer, der sie schließlich aus der Ungewissheit erlöste. „Nein“, schrie er, „denn der schwarze Mann ist genauso gut wie der weiße Mann!“ Wenn solch eine Predigt im 21. Jahrhundert als progressiv gilt, dann gibt es noch viel Arbeit.

Es kam noch besser. Wenige Wochen später kreuzte die Frau erneut beim Pfarrer auf und war schon wieder mit den Nerven fertig. Hatte der schwarze Mann die Tochter am Ende doch verspeist? „Ogottogott“, jammerte die Frau, „meine Tochter ist schwanger.“ Ob das Kind gestreift sein werde, wollte sie wissen. „Gott ist gütig“, konnte der Pfarrer sie beschwichtigen. Das Kind werde nicht mit Zebrastreifen geboren, versicherte er ihr und erklärte der Gemeinde: „Was soll ich euch sagen? Das Kind kam durchgehend schokoladenfarbig zur Welt.“

Eigentlich schade. Gott hat keinen Humor.