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: Das Zittern mit Freiburg hält sich mittlerweile in Grenzen

Über die radiomäßige Erfassung eines Bundesliga-Spieltags mit Abstiegskampf und Zweitspitzenspiel, dem aber Entscheidendes fehlt

Was haben Fernsehkommissare und taz-Spieltagskommentatoren gemeinsam? Beide machen sich bisweilen ganz schön zum Affen. Ich weiß jetzt jedenfalls, wie blöd sich Peter Falk vorkommen muss, wenn er anderthalb Stunden lang als Inspektor Columbo durch einen Krimi tappt und öffentlich rauszukriegen versucht, was die Zuschauer schon seit 20.16 Uhr wissen. Genauso fühle ich mich auch: Ich soll den 25. Spieltag für Leser kommentieren, die – anders als ich – das Ergebnis vom Spitzenspiel in Gelsenkirchen kennen. (Und um uns so richtig schön in den Senkel zu stellen, sind in Teilen der Auflage auch noch die Ergebnisse der Sonntagsspiele – den Press-Schlag-Autoren aus Redaktionsschlussgründen nicht bekannt – in der nebenstehenden Tabelle sehr wohl berücksichtigt.)

Beladen mit dieser Hypothek, setzte ich mich am Samstag um 15.30 Uhr also vors Radio, um mich auf das nach Schalke-Bayern zweitspitzeste Spiel der Runde an diesem Wochenende zu konzentrieren: Bayer Leverkusen gegen Hertha BSC. Und stand – als bekennender Hertha-Fan – um 15:42 wieder auf, um das Rundfunkempfangsgerät auszuschalten und in minutenlanges Grübeln darüber zu verfallen, wie ich der taz-Sportredaktion beibringen könnte, dass ich ersatzweise eine Reportage über die wilde Entsorgung eines Radiorecorders mit abgebrochener Antenne und Farbspritzern vom Renovieren liefern würde. Die vier Schocks aus Leverkusen innerhalb der ersten zwölf Minuten waren einfach zu viel: Zwei Gegentore, eine rote Karte – und das Schlimmste: Sabine Töpperwien saß im Stadion. Wie immer offenbar mit dem Rücken zum Spielfeld, aber das Mikro rückte sie trotzdem nicht raus. Sie war sprachlich, stimmlich und sportlich in Topform, wie immer. In realistischer Einschätzung der Kraftreserven hatte sie zum Beispiel nach dem 1:0 der Champions-League-müden Leverkusener gegen die ausgeruhten Berliner in der 5. Minute zum Besten gegeben: „Die Herthaner sind total platt.“

Na ja, irgendwann habe ich dann doch wieder eingeschaltet. Ich wollte schließlich den Abstiegskampf verfolgen (würde Jörg Berger nicht mitmischen, würde ich sagen: die Sache ist längst entschieden) und registrierte erstaunt, dass mein Zittern mit dem SC Freiburg sich mittlerweile in Grenzen hält. Irgendwie gehört das wohl in die Zeit, als wir noch für die 35-Stunden-Woche demonstrierten. Vor allem aber verfolgte ich mit diebischer Freude, dass der Name des von Leverkusens Trainer Klaus Augenthaler beim 2:2 ausgewechselten Verteidigers diese Maßnahme gleich selbst kommentierte: Dum. Kurz danach fiel das 2:3. Aber Sabine Töpperwien blieb leider bis zum Ende. Dumme Sache.

OLIVER THOMAS DOMZALSKI