Dominikus Müller schaut sich in den Galerien Berlins um

„Steppenwolf“, was für ein Thema. Endlich! Da hüpft das Herz. Das verspricht Großes. Wurde ja auch mal Zeit, dass jemand Hermann Hesses ewigen Pennäler-Roman aus dem Bücherregal im alten Kinderzimmer zieht. „Das Geräusch des urbanen Raums“ so der Untertitel dieser Ausstellung, die Frank Wagner in die Räume der NGBK hineinkuratiert hat, macht dann schon weniger Spaß. Das klingt irgendwie angestrengt – und kanalisiert das vom Haupttitel angestoßene Assoziationspotenzial gleich wieder empfindlich. Wagner möchte es also mit der Vereinzelung des Individuums und mit dem Mythos des Außenseiters aufnehmen, der für all die doofen Philister da draußen nur die kalte Schulter übrig hat, und das dann mit dem sozialen Organisationsraum der Stadt kurzschließen. Gleich vorneweg: Das mit der Vereinzelung, das mit dem Mythos funktioniert, das mit der Stadt weniger. Dabei hat Wagner durchaus eine Reihe guter Arbeiten versammelt. Etwa Reynold Reynolds’ hyperästhetisierte Endzeitversion des unverbundenen Nebeneinanderherwohnens in einem Mietshaus. In langsamen Schwenks zeigt die Kamera die Frau mit Putzfimmel, die fette Couch-Kartoffel, die kaputte Frau, die sich direkt aus ihrer verdreckten Badewanne in die Toilette übergibt. Christian Jankowski dagegen zeigt seine eigene Version von Hesses „magischem Theater“, aus dessen Kammern immer wieder als Horror-Film-Charaktere verkleidete Fans treten, um ihre Rachefantasien in die Kamera zu röcheln. Und Nikolaus Kantusers Film schließlich nimmt direkt auf den „Steppenwolf“ Bezug, wenn er seinen Protagonisten Harry als Leser und Wiedergänger inszeniert. Harry 2 scheitert daran, dass er im Gegensatz zu den anderen noch nicht kapiert hat, dass Außenseitersein einfach nicht drin ist. Man ist immer schon drinnen. Aber: Was hat das mit dem urbanen Raum zu tun?

■ „Steppenwolf. Das Geräusch des urbanen Raums“. Mit Rineke Dijkstra, Ronald Gerber, Christian Jankowski, Nicolaus Kantuser, Reynold Reynolds. Bis 26. Juli, So–Mi 12–19 Uhr, Do–Sa 12–20 Uhr, NGBK., Oranienstraße 25