nebensachen aus johannesburg: Ein Engel wirbt für die Rückkehr von Südafrikanern aus dem Exil
So, wie sich andere Leute beim Auftritt in der Öffentlichkeit in Schale werfen, zieht „Angel“ Jones ihre Flügel an. Gern die mit dem farbenfrohen Muster der südafrikanischen Flagge. Gerade zu Fernsehinterviews sucht der blonde Engel mit dem richtigen Namen Angela das schönste ihrer zwölf Flügelpaare aus. Die Wirkung ist garantiert und ihre Kampagne, im Ausland – hauptsächlich in England – lebende Südafrikaner zurück in die Heimat zu holen, ist bereits im zweiten Jahr von Erfolg gekrönt.
An Straßenkreuzungen fallen riesige Reklametafeln auf, die für die „homecoming revolution“ mit landestypischen Eigenheiten oder Ereignissen, zum Beispiel dem Abbild der siegesstolzen Rugbymannschaft, werben. Eine der größten Banken bläst der Aktion der jungen Südafrikanerin Wind in die Flügel: Angels Website ist mit der Bank verbunden, so dass sie Rückkehrern ihren Service und Kredite für den Wiedereinstieg bieten kann.
Angel Jones weiß, wovon sie spricht, denn sie zog nach sieben Jahren Aufenthalt in London 2001 zurück nach Südafrika und eröffnete eine Werbeagentur. Daraus erwuchs die „homecoming revolution“. Derzeit gibt ihr Team 400 Rückkehrern Investment-Tips und jede Art Starthilfe, 4.000 sind schon auf der Website registriert.
Die Fakten sprechen für sich: Die Mordrate in Südafrika ist seit 1994 um 17 Prozent gesunken, die Inflationsrate ist nach mehr als zwanzig Jahren wieder einstellig, das Land ist bei Touristen das beliebteste Ziel, die Sauberkeit des Trinkwasser liegt an dritter Stelle weltweit, die längste Weinroute … Die guten Nachrichten aus der Heimat flimmern über die Website.
Trotz Aidskrise und Arbeitslosigkeit sind Südafrikaner in der Regel, so belegen es auch Untersuchungen, optimistisch und finden ihr Land „fantastisch“. Eine besondere Spiritualität hafte ihnen an, stimmen hier lebende Ausländer oft überein. Angel Jones meint, in Europa sei schon alles entwickelt, und es falle dort schwer, neue Dinge zu schaffen. Der Wettbewerb im Geschäft ist hart, während angeblich jeder Ausgebildete, der nach Südafrika zurückkehrt, zehn neue Arbeitsplätze schafft. Und es kommen Schwarze und Weiße, die ins Exil gegangen sind oder schon vor zwanzig Jahren auswanderten. Für jeden Rückkehrer verlässt einer das Land, zählen Umzugsunternehmen. „Das Gras ist nicht immer grüner auf der anderen Seite“, sagt der Engel, der aus seinem Namen und ein Paar Flügeln Kapital schlägt.
Südafrikaner sind nun mal patriotisch, und Angel Jones Initiative hat bei denen Erfolg, die an der besseren Zukunft ihrer neuen Gesellschaft mitarbeiten und „etwas zurückgeben“ wollen. Der Zeitpunkt könnte besser nicht sein: Elf Jahre Demokratie haben das Vertrauen im Inland und Ausland gestärkt. „Es ist ein offenes Buch, in das wir schreiben“, sagen heimkehrende Revoluzzer.
Angel Jones hat inzwischen ihre Flügel abgelegt und versteigert sie. Vergangene Woche ging sie als einer der Ehrengäste zur Audienz des Präsidenten – ohne Flügel, aber auf hohen Hacken schwebend im schicken Outfit.
MARTINA SCHWIKOWSKI
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