Aus den Augen, aus dem Sinn

Heute soll der Rat die neue Kölner Straßenordnung verabschieden. Nur Grüne und PDS kritisieren das Regelwerk als obdachlosenfeindlich. Verwarngelder sollen den „Grad der Abschreckung“ erhöhen

VON DIRK ECKERT

So ist das, wenn nicht alles genau geregelt ist. Da ist es in Köln laut Straßenordnung § 6 Absatz 1 bislang zwar verboten, dass KFZ „auf Straßen repariert, abgespritzt oder mit brennbaren, Öl auflösenden oder Schaum bildenden Flüssigkeiten behandelt werden“. Aber von „waschen“ ist ja nicht die Rede, oder?

Genau so haben offenbar einige Autobesitzer reagiert, die beim Autowaschen ertappt wurden. Jedenfalls hat das fehlende Wörtchen „in der Vergangenheit zu Argumentationsschwierigkeiten geführt, da die Fahrzeughalter das Waschen nicht als ausdrücklich verboten ansahen“, heißt es von Seiten der Stadtverwaltung. Mit einer neuen Straßenordnung soll diesem und anderen Missständen nun der Garaus gemacht werden.

Die Straßenordnung ist heute Thema im Rat der Stadt. Dass sie verabschiedet wird, gilt als sicher, denn die große Koalition aus CDU und SPD hat im Ausschuss für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen bereits zugestimmt. „Es geht darum, Rechtssicherheit zu schaffen“, begrüßt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Michael Zimmermann die Neuordnung. Grundlegend Neues sei in der Ordnung nicht drin. „Es sind einige Dinge klargestellt worden.“

Tatsächlich ist die neue Ordnung einiges länger als die alte. Wohl in Erwartung der Fußballweltmeisterschaft 2006 hat die Straßenordnung einen eigenen Paragraphen mit Ordnungsvorschriften für Stadien. Und auf der Straße ist nicht mehr nur „aggressives Betteln“ explizit verboten, sondern auch noch das Stören in Gruppen und unter Alkoholeinfluss, etwa durch Grölen oder Belästigung von Passanten.

Für den grünen Ratsherrn Ossi Helling ist das nichts anderes als eine „unzulässige Repressionsmaßnahme, die sich primär gegen Obdachlose richtet“. Und am Stadion-Paragraphen bemängelt er, dass dort Druckerzeugnisse aller Art nicht mehr ohne Erlaubnis der Stadt verteilt werden dürfen. „Das trifft politische Flugblätter.“

Von den Grünen, der PDS und Obdachloseninitiativen kommt denn auch Kritik an der Straßenordnung. Letzteren stößt auf, dass es nach wie vor verboten ist, Abfallbehälter zu durchsuchen. „Im Stadtbild darf wohl nicht deutlich werden, dass es arme Menschen gibt“, kritisiert Rosi Herting, Sozialarbeiterin bei der Obdachlosenhilfe „Oase“. Noch deutlicher wird Ossi Helling: „Angesichts der Armutsentwicklung“ sei das nur „zynisch“, findet er.

Nur noch „Regelungswut“ sieht Helling beim Thema Sperrbezirk. Nach der neuen Ordnung können auch Freier bestraft werden, die im Sperrbezirk in der Innenstadt Kontakt zu Prostituierten aufnehmen. Aufgrund des kontrollierten Straßenstrichs an der Geestemünder Straße in Niehl hätten Freier wie Prostituierte die Innenstadt verlassen, argumentiert Helling. Insofern gebe es gar keine Probleme, die der Regulierung bedürften. „Die Einrichtung in der Geestemünder Straße hat sich bewährt. Deshalb sind Repressionen falsch“, sagt auch PDS-Ratsherr Jörg Detjen.

Mit der Straßenordnung hat die Verwaltung auch den Bußgeldkatalog neu gefasst. Damit will sie den „Grad der Abschreckung“ erhöhen und setzt besonders auf das „Verwarngeld“ von 35 Euro, das bei Geringfügigkeit vor Ort erhoben werden könne. Das treffe „die Betroffenen spürbar“.

Mit dem Bußgeldkatalog werden zahlreiche Tatbestände gesondert ausgewiesen, so dass der Katalog von drei auf fünf Seiten angewachsen ist. Mit 10 bis 35 Euro Bußgeld muss etwa rechnen, wer „Windvögel (Drachen)“ in der Nähe von Stromleitungen steigen lässt. Und wer beim Durchsuchen von Mülleimern erwischt wird, wird mit 5 Euro zur Kasse gebeten. Wer dabei eine Pfandflasche entdeckt und entnimmt, zahlt das Doppelte.