Heiraten jetzt ohne Zwang

SPD, PDS und Grüne wollen im Abgeordnetenhaus ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Zwangsehen beschließen. Gefordert werden Aufenthalts- und Wiederkehrrecht für die Frauen

von PLUTONIA PLARRE

Nach den so genannten „Ehrenmorden“ an zwei Berliner Türkinnen wird die rot-rote Regierungskoalition nun aktiv. Am kommenden Donnerstag will das Abgeordnetenhaus mit Dringlichkeit ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Zwangsverheiratung auf Bundes- und Landesebene beschließen. In dem Antrag, auf dessen Verabschiedung die Grünen schon seit November drängen, wird der Senat aufgefordert, sich beim Bund für mehrere Gesetzesänderungen einzusetzen: Im Strafgesetzbuch soll ein eigener Tatbestand der Zwangsverheiratung eingeführt werden. Eine Zwangsehe soll bereits nach einem Jahr aufgehoben werden können und die Frau ein eigenes Aufenthaltsrecht erhalten. Zwangsverheiratete, die gezwungen waren, Deutschland zu verlassen, sollen ein Rückkehrrecht erhalten.

Dass jedoch Zwangsverheiratung in absehbarer Zeit ein eigener Straftatbestand wird, ist eher unwahrscheinlich. Schließlich ist diese im Rahmen der Gesetzesverschärfung des Menschenhandels erst jüngst als Fall einer schweren Nötigung ins Strafgesetzbuch aufgenommen worden. Tätern, die „eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigen“, so der Wortlaut des Paragrafen 260, werden mit einer Strafe von sechs Monaten bis fünf Jahren bestraft.

Auch in der Vergangenheit konnte Zwangsverheiratung schon als schwere Nötigung bestraft werden. In dem neuen Gesetz, das seit dem 18. Februar 2005 in Kraft ist, wird der Begriff nun aber erstmals ausdrücklich genannt. Was das Strafrecht angehe, sei der Sache Genüge getan, meint die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irmingard Schewe-Gerigk. Die übrigen Forderungen der Berliner nach einer bundesgesetzlichen Regelung des Aufenthalts- und Rückkehrrechtes für die betroffenen Frauen finden bei ihr aber volle Unterstützung. Darauf, so Schewe-Gerigk, müssten jetzt alle Kräfte konzentriert werden.

Das heißt aber nicht, dass die Berliner Ausländerbehörde bis dahin die Hände in den Schoß legen kann. Der migrationspolitische Sprecher der Landesgrünen, Özcan Mutlu, verwies gestern im Innenausschuss darauf, dass die Härtefallregelung des neuen Zuwanderungsgesetzes schon jetzt den Verbleib der von Zwangsehen betroffenen Frauen in Deutschland möglich mache. Auch dann, wenn die Ehe kürzer als zwei oder drei Jahre bestanden habe.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) ließ im Innenausschuss durchblicken, dass er die Forderung nach einem Wiederkehr- und Aufenthaltsrecht „im Ergebnis richtig“ findet. Der Täter, der die Frau zu der Ehe gezwungen habe, müsse aber nicht nur strafrechtlich, sondern auch ausländerrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Auch Zwangsausweisung könne die Folge sein, so Körting.