NPD-Funktionär würgte einen Halbwüchsigen

Der Rechtsextreme Willibert Kunkel scheitert mit seiner Revision vor dem Landgericht Aachen. Für einen Übergriff auf einen 13-jährigen muss der braune Ratsherr aus Stolberg eine Geldstrafe in Höhe von 2.100 Euro bezahlen

AACHEN taz ■ Das Landgericht Aachen bestätigte gestern ein Urteil gegen einen NPD-Landtagskandidaten wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Willibert Kunkel einen 13-Jährigen angegriffen habe. Damit wurde die vom Amtsgericht Eschweiler gegen den 54-Jährigen im November 2004 verhängte Geldstrafe von 2.100 Euro bestätigt. Trotz widersprüchlicher Zeugenaussagen hielt das Gericht daran fest, dass Kunkel den Jungen im Herbst 2003 so rabiat an Hals und Nacken gepackt habe, dass dieser kurzfristig über Atembeschwerden und Schmerzen klagte. Der NPD-Funktionär hatte gegen das Urteil aus erster Instanz Berufung eingelegt.

Im Dezember 2004 wurde Kunkel auf dem nordrhein-westfälischen NPD-Parteitag in Essen auf die sechste Stelle der Reserveliste für die Landtagswahl am 22. Mai gesetzt. Würde die NPD über fünf Prozent der Wählerstimmen erhalten, säße er im Düsseldorfer Landtag. Schon heute bekleidet der Rechtsextreme eine Reihe von Parteiämtern. Der Stolberger Ratsvertreter wechselte vor drei Jahren von der DVU in die NPD und ist Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Aachen. Zudem fungiert er als Beisitzer im Landesvorstand der NPD und gehört dem Bundesvorstand der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der NPD an.

Das Landgericht Aachen entschied gestern über einen Vorfall vom 20. September 2003. Damals war Kunkel im Anschluss an einen rechten Aufmarsch gegen die in Dortmund gastierende Wehrmacht-Ausstellung mit rechtsextremistischen Gesinnungsgenossen in eine Stolberger Gaststätte eingekehrt. Alkoholisiert traf der Ratsherr später vor seinem Haus auf eine Gruppe Jugendlicher, von denen er sich belästigt fühlte. Kunkel forderte sie auf, sich zu entfernen. Beim nachfolgenden Wortgefecht soll er jedoch aus der Gruppe heraus ordinär beleidigt worden sein. Der 54-Jährige, der in erster Instanz zum Vorwurf geschwiegen hatte, sagte nun aus, er habe dem Jungen dann nur seinen Arm um die Schulter gelegt. Das Landgericht sah jedoch aufgrund von 15 Zeugenaussagen „keine Zweifel“, dass der 54-Jährige das für ihn „erkennbar deutlich unterlegene, minderjährige Kind“ heftig an Hals und Nacken gepackt hatte. Das gestrige Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In der rechtsextremen Szene trat Kunkel auch als Anmelder von Aufmärschen in Erscheinung und fungierte als Redner auf rechten Demos in NRW. Lokal kooperiert der NPD-Mann eng mit der rechtsextremen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), die sich durch die Ziffer „28“ als Code für die Buchstabenfolge „BH“ zum internationalen, in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ bekennt. Einen Mediencoup landete Kunkel im November 2003. Da marschierte er in Aachen mit 30 „Kameraden“ zu Beginn des Prozesses gegen die Mörder der Eschweiler Geschwister Tom und Sonja auf. Motto: „Todesstrafe für Kinderschänder!“ Sein Übergriff auf den Halbwüchsigen, wegen der Kunkel gestern vor Gericht stand, lag da erst anderthalb Monate zurück. MICHAEL KLARMANN