: Letzte Ausfahrt Oldenburg
Aus der Gedenkstätte in Berlin ist nichts geworden, in Oldenburg haben die Vertriebenen womöglich bald mehr Glück: Nicht ob ein Denkmal kommt, ist noch die Frage, sondern nur wie
Braucht Oldenburg ein Denkmal für die Vertriebenen? Noch vor wenigen Wochen schien es, als könnte sich die Stadt über diese Frage spalten. „Ein Denkmal zur Erinnerung an die Vertriebenen hält die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen nicht für erforderlich“, erklärte die Fraktion Ende Februar. Die SPD hielt sich bedeckt, und auch Kulturdezernent Martin Schumacher, berichten Mitglieder des Kulturausschusses, soll skeptisch gewesen sein: „Er war der Meinung, dass man das nicht machen soll.“
Mitte Februar waren der ehemalige Oberbürgermeister Horst Milde (SPD) und der Oldenburger Architekt Reinhard Fritsch im Kulturausschuss mit einem Denkmalsentwurf vorstellig geworden, der hitzige Diskussionen entfachte (die taz berichtete). Von „Mitleidsmasche“ war die Rede, der Entwurf wurde als „Trümmerlandschaft“ beschrieben, bei der „nur noch der Hund an der Leine“ fehle.
Inzwischen stellt sich die Diskussion etwas anders dar. „Ein solches Denkmal darf aber den Blick nicht nur nach rückwärts wenden“, forderte SPD-Ratsherr Alfred Nehring in der Nordwestzeitung. Auch Kulturdezernent Schumacher wirbt mittlerweile um Verständnis und verweist auf die 40.000 Vertriebenen, die nach dem Krieg in die 80.000-Einwohnerstadt Oldenburg kamen. „Diese Leute wollen daran erinnern, dass sie ihre Heimat verlassen mussten.“
Nicht ob das Denkmal kommt, ist jetzt die Frage, sondern wie. „Ich kann mir eine Stele vorstellen, die Interpretationsraum offen lässt“, sagt Kulturdezernent Schumacher. „Vielleicht eine Stele aus Granit, wo auch die Brüche sichtbar werden.“
Mit den gescheiterten Plänen des Bundes der Vertriebenen, in Berlin eine zentrale Gedenkstätte zu errichten, habe der Fall in Oldenburg nichts zu tun, sagt der Kulturdezernent. Tatsächlich ist der Initiator, Oldenburgs ehemalige Oberbürgermeister Horst Milde, zwar Vertriebener. Doch gilt Milde als wackerer Sozialdemokrat. Als „Dank an die Stadt“ möchte er das Denkmal verstanden wissen. „Wir“, gibt Milde zu bedenken, „sind die letzte lebende Generation“.
Die guten Absichten ändern allerdings nichts an dem symbolischen Stellenwert eines Denkmals, das an die Vertriebenen erinnert. „Was die Grünen und PDS meinen, ist Quatsch!“, schreibt eine Leserin in der Oldenburger Lokalzeitung. „Vorträge und Ausstellungen sind schnell vergessen und dann erledigt! Es ist in der ganzen Geschichte nach einem Krieg noch nie so eine brutale Vertreibung gewesen!“
Dass die Geister, die sie rief, so schnell nicht gehen werden, ahnt auch die Stadt Oldenburg. Man müsse „eine Lösung finden, die uns sagt, passt auf, dass es nie mehr dazu kommt, dass ein totalitäres System entsteht“, gibt Kulturdezernent Schumacher die Marschrichtung vor. Seiner Meinung nach sollte das Denkmal auch nicht, wie von den Initiatoren gefordert, auf dem Cäcilienplatz hinter dem Theater stehen. Dort liegen möglicherweise die Trümmer der Synagoge. Der Kulturdezernent plädiert für den Bahnhofsvorplatz, ein Ort, der auch zum Thema „Ankommen in Oldenburg“ passen würde.
Nur etwas scheint endgültig vom Tisch zu sein, und das ist der Denkmalsentwurf, mit dem alles angefangen hatte. Der Kulturdezernent, aber auch der ehemalige Oberbürgermeister, alle fordern einen Wettbewerb. Der Architekt des Entwurfs, Reinhard Fritsch, möchte sich nicht mehr äußern. Daniel Wiese
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