Polizeisenator befriedet Schanze

SCHANZENFEST Bürgerschaft debattiert recht ruhig über die Krawallnacht vom vorigen Samstag. CDU und GAL uneins, Rote Flora will neues Fest

Das Schanzenfest sei friedlich verlaufen, gab Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) am Donnerstag zu, als die Bürgerschaft über die Geschehnisse im Schanzenviertel in der Nacht zum Sonntag debattierte. Dennoch sei „unser Konzept der frühzeitigen polizeilichen Präsens richtig“ gewesen, behauptete er. Und stand mit dieser Meinung alleine.

„Das kann nicht sein“, entgegnete Antje Möller, Innenpolitikerin des grünen Koalitionspartners. „Deeskalation durch Stärke ist falsch“, stellte Möller klar und räumte selbstkritisch ein: „Das hätten wir Grüne schon vorher deutlich machen sollen, nun holen wir das nach.“ Das kann eine lebendige Sitzung des Innenausschusses werden am nächsten Dienstag, wenn die Einsatzkonzepte von Innenbehörde und Polizei erneut analysiert werden.

Zumal die Aussicht auf eine Neuauflage der Vorfälle kurz vor der Bundestagswahl droht. Eine Vollversammlung in der Roten Flora hat am Mittwochabend beschlossen, am 12. September ein weiteres Schanzenfest auszurichten. Wie am 4. Juli soll es tagsüber ein Straßenfest mit selbst organisierten Kunstaktionen geben. Als Grund für die erneute Anmeldung wurde der massive Polizeieinsatz während und nach dem Fest genannt. Es sei zu den schlimmsten Übergriffen seit dem 21-jährigen Bestehen des Schanzenfestes gekommen.

Die wurden vor allem von Christiane Schneider (Linke) angesprochen. Angesichts hunderter Verletzer von einem Erfolg zu sprechen, „ist menschenverachtend“, warf sie Ahlhaus vor. Die Spirale der Gewalt auf beiden Seiten müsse durchbrochen werden, und dazu müssten die sozialen Konflikte im Viertel thematisiert werden. „Repression und Polizeigewalt“ würden dem Engagement der BewohnerInnen gegen die Umstrukturierung des Schanzenviertels und die Verdrängung ärmerer Bevölkerungsgruppen schaden, befand Schneider. Deswegen sei das „Eskalationskonzept“ der Polizei falsch gewesen.

Am sozialen Frieden im Schanzenviertel hätten „Krawallmacher und Gewalttouristen“ doch gar kein Interesse, befanden Ahlhaus und auch Andreas Dressel (SPD), der dem Senator allerdings vorwarf, die vom schwarz-grün regierten Bezirk Altona gefahrene friedliche Linie torpediert zu haben.

In zwei Punkten aber waren Ahlhaus und Dressel sich einig: Gegen eine gesellschaftliche und politische Debatte über Gewalt haben beide keine Einwände. Wie die aber geführt werden könnte, sagten sie nicht.

SVEN-MICHAEL VEIT/OLE MASCH