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: Eingekochter Überfluss

Freitags wird bei Kerner gekocht. Heute aber zum letzten Mal. Manch einer findet’s schade – aber Hauptsache, Kerner zu sich selbst.

Heute wollen wir mal Johannes B. Kerner loben. Oder, nee, der kann ja nichts dafür. Das Lob verdient wohl eher Kerners Produktionsfirma a+i oder besser noch ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner bzw. wer auch immer irgendwie irgendwann mal sein O.K. gegeben hat, dass bei „Kerner“ freitags nicht wie üblich getalkt, sondern gekocht wird. Okay, es hat knapp drei Jahre gedauert, bis man beim ZDF aus der Erkenntnis Konsequenzen zog, dass es wohl wenig Sinn hat, am späteren Freitagabend „Gäste aus den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Politik und Sport“ (ZDF-PR) ins „Kerner“-Studio einzufliegen, wenn dann kaum jemand zuschaut. Aber der Einfall, Kerners quotenschwache, freitägliche Fernsehstunde zwischen 23 Uhr und Mitternacht in Konkurrenz einfach in eine Kochshow umzufunktionieren, ist, nun ja, genial.

Seit Mitte Dezember geht das schon so, heute u. a. mit Tim Mälzer, Rainer Sass, Sarah Wiener, einem Ostermenü – und zum letzten Mal. Was schade ist. Denn nirgends sonst im Fernsehen (nein, auch nicht in vergleichbaren, aber immerhin profitorientierten Homeshopping- oder Telefonquiz-Sendungen) wird sinnfälliger, was Sendezeit ist: 60 Minuten beispielsweise. Oder eine mit Bild und Ton gefüllte Sendepause: Studio, Publikum, Aufnahmeleitung, Regie, Technik – alles da, sogar ein Moderator. Warum also nicht einfach die Kameras einschalten und zeigen, wie ein halbes Dutzend prominenter Fernsehköche Seit an Seit vor sich hin schnippelt, brutzelt und mit Tellerchen und Selbstgekochtem durchs Studiopublikum stromert, den Zuschauern bei Bedarf auch noch das fehlende Besteck an den Platz bringt?

Freitags bei „Kerner“ filmen die Kameramänner auf Zuruf, reden alle durcheinander, trinken noch ein Schlückchen, am Ende wird sogar das Publikum an den Herd gebeten. Und zwischendrin tingelt Topfgucker Kerner unablässlich von links nach rechts von Koch zu Koch von Appetizer bis Dessert durchs die Menüfolge und durchs Bild. Dass Kerners Überflüssigkeit nirgends je deutlicher zu Tage trat als in der Freitagsausgabe seiner Show, wen kümmert’s? Schließlich geht’s hier um nichts – oder ums Nichts, um öffentlich-rechtlich finanzierte Sendezeitverklappung und – letztlich – Medienkompetenz!

Insbesondere, wenn Kerners Freitagsfolgen Tage später und spät nachts irgendwann in der Wiederholung mit den Gerichtsshows vom Vortag konkurrierten, fand „Kerner“ endgültig zu sich selbst: Verzichtbarer ist nicht einmal die „Harald Schmidt“-Show in der ARD.

CHRISTOPH SCHULTHEIS