„Gu-i-doooooo? Raaausss!

Gestern haben sich Regierung und Opposition endlich ein Herz gefasst – und über Reformen für Deutschland geredet. Ein Protokoll aus dem – nicht ganz – abhörsicheren Bundeskanzleramt

von ALBERT HEFELE

Tusch! Fanfare! Großes Gepränge! Endlich greifen die Spitzen unserer Gesellschaft durch. Nägel mit Köpfen! Frauen mit Kröpfen! Nein – nur Spaß: Frau Merkel hat keinerlei Kropf. Ihr zur Seite beraten im – fast – abhörsicheren Beratungszimmer des Bundeskanzleramtes: Kanzler Schröder, Vize Fischer und Herr Stoiber. Guido Westerwelle darf nicht hinein.

Herr Stoiber (sich pastoral räuspernd): Ich – hhhrrrchch – ääh – finde durchaus, wir sollten anlässlich dieses historischen Treffens – ääh – die Nationalhymne …

Vize Fischer (unsensibel): Ja gut, können wir dann?

Herr Stoiber (dirigentenähnliche Bewegungen produzierend): Mmmmhmmmm…hhhrrch…

Vize Fischer (kalt): Was ist denn mit dem los?

Kanzler Schröder (sich erhebend und das Jackett ordnend): Kollege Stoiber hat, übrigens durchaus dem historischen Anlass angemessen, einen Vorschlag gemacht, den ich als guter deutscher Patriot …

Vize Fischer (demonstrativ die Armbanduhr reckend): Gerd! Sei so gut! Kofi wartet um fünfzehnvierzig im Excelsior!

Frau Merkel (Faust in Hüfte): Kuck’n Se ruhig auf die Uhr, dann seh’n Se vielleicht, dass ihre Zeit abjelaufen ist! Könn’n Se ruhich kucken – watt wollen Sie denn?

Die Tür ist leise aufgegangen und ein Reiniger mit großem Schnurrbart, Schürze und Staubsauger ist, devot nickend, eingetreten.

Reiniger (unter vielen Verbeugungen): Wollen nur puuzen, nix stören große Herren und Damen, immer nur puuzen, Hintergrund …

Frau Merkel (resolut durchgreifend): Na, Sie machen mir Spaß! Dett ist doch keene Kebabpinte! Trajen Se ihren Schnauzbart mal gleich wieder nach drauss’n – abba dalli!

Vize Fischer (groß aufzeigend): Aahhhha! Diskriminierung! Stopp, der Schnauzbart bleibt!

Frau Merkel (bleich): Das woll’n wa doch mal sehen! Edi, sag du ooch mal watt!

Herr Stoiber (großräumig schmunzelnd): Warum sollten wir nicht einfach den Mann von der Straße mit – ääh – einbeziehen in die – ääh– Entscheidungsfindung …

Reiniger (aufgeregt gestikulierend): Puuzen, immer puu- zen …

Im Eifer des Gefechtes beginnt sich sein langer Bart zu lösen …

Frau Merkel (erstaunt): Dett is ja … bist du dett? Guido?

Herr Westerwelle (störrisch): Jaa. Und? Wenn ihr den demokratisch gewählten Kräften freiwillig keinen Zugang …

Vize Fischer (genervt): Was soll denn das, Herr Westerwelle? Verzieh dich, ich hab meine Zeit nicht gestohlen – Condi ruft jeden Moment an!

Frau Merkel (ihn zickig nachäffend): Kondikondi … und überhaupt: Diskriminierung!

Kanzler Schröder (sonor schmunzelnd): Weswegen soll man denn Herrn Dauer – Entschuldigung – Westerwelle diskriminieren?

Frau Merkel (sanft errötend): Wejen … tunten – ääh, tun Se doch nich so!

Guido Westerwelle reißt sich wütend den Schnurrbart ab und verlässt maulend den Besprechungsraum …

Vize Fischer (bedeutungsvoll in Richtung Opposition nickend): Der Bart ist ab, meine Damen und Herren!

Frau Merkel will gerade eine schnippische Replik landen, da geht die Tür schon wieder auf und ein neues Stück Bart ragt in den Raum.

Alle (energisch): Gu-i-doooooo! Raaaussss!

Es ist aber nicht Gu-i-dooooo, sondern Bundestagspräsident Thierse, der nur mal nach den Rechten sehen wollte. Und den Linken auch. Alle entschuldigen sich, rücken gemeinsam in die Mitte und machen sich von nun an eifrig und konzentriert zum Wohle des Landes an die Arbeit.