Namibias Opposition blitzt ab

Neuauszählung der umstrittenen Parlamentswahl bestätigt hohen Sieg der Regierungspartei Swapo ohne Abstriche. Wütende Opposition erwägt neue Klage

WINDHUK taz ■ Namibias Oppositionsparteien sind sprachlos. Nachdem sie letzte Woche wegen einer Fülle von Unregelmäßigkeiten bei den Parlamentswahlen vom November 2004 gerichtlich eine Neuauszählung der Stimmen erreicht hatten, gab die Wahlbehörde am Mittwochabend nach stundenlanger Verzögerung, ohne die zugesagte Konsultation der Oppositionsparteien, das Ergebnis der neuen Auszählung bekannt. Danach hat sich an der der Sitzverteilung im Parlament nicht das Geringste geändert. Die regierende Exbefreiungsbewegung Swapo (South West African People’s Organisation) büßte lediglich 178 von ihren über 620.000 Stimmen ein. „Wir fühlen uns an der Nase herumgeführt“, sagte die Generalsekretärin der Republikanischen Partei, Carola Engelbrecht, gestern gegenüber der taz.

Beide Parteien behielten sich vor, nochmals das Gericht einzuschalten. Während der dreitägigen Gerichtsverhandlung letzte Woche hatte die Opposition eine Fülle von Verstößen gegen Wahlvorschriften vorgetragen. Sie bezweifelte außerdem, dass überhaupt an zwei Tagen in den 1.186 Wahllokalen 827.000 Stimmen abgegeben werden konnten (Wahlbeteiligung über 80 Prozent). Bei dem zeitraubenden Wahlprozess – Einsicht in die Wählerlisten, Färbung des Daumens und zwei verschiedene Stimmzettel – müssten Wahlurnen von „skrupellosen Personen“ mit Stimmzetteln „gestopft“ worden sein. Ungeklärt ist auch, wie 22 Stimmen für Oppositionsparteien in ein trockenes Flussbett gelangen konnten, in der Nähe von Feuerstellen, wo möglicherweise weitere Stimmzettel verbrannt wurden. Nach Ansicht von CoD-Abgeordneten hätte die seit der Unabhängigkeit regierende Swapo die Zweidrittelmehrheit verloren, wenn es bei der Wahl mit rechten Dingen zugegangen wäre.

Gegen den entschiedenen Widerstand der Oppositionsparteien hatte die Wahlbehörde unter anderem die Stimmzettel aus 40 Wahlurnen aus der Swapo-Hochburg Ohangwena anerkannt, die auf noch ungeklärte Weise mit Wasser durchtränkt waren und auf denen dadurch großenteils der vorgeschriebene Echtheitsstempel weggewaschen war. Nach Schätzungen von Auszählungshelfern befanden sich in den Wahlurnen jeweils zwischen 800 und 2.000 Stimmzettel, sodass sich in den 40 Urnen insgesamt 20.000 bis 30.000 Stimmen befunden haben können.

Teile der Basis der Oppositionsparteien fordern, dass wegen der festgestellten Gesetzesverstöße erneut die Justiz eingeschaltet wird. Es gibt jedoch auch Stimmen, die ablehnen. Sie befürchten, dass daraus in einer Situation, in der die neuen Abgeordneten nicht vereidigt seien und die Legislaturperiode des bisherigen Parlaments am Sonntag ausläuft, politische Risiken entstehen könnten – etwa dass Staatschef Sam Nujoma, der Namibia seit der Unabhängigkeit 1990 regiert und für die letzte Wahl nicht wieder angetreten war, nicht am kommenden Montag sein Amt an den gewählten Nachfolger Hifikepunye Pohamba übergeben könnte. Das jedoch sei vorrangig.

ROLF-HENNING HINTZE