US-Schüler läuft Amok

Ein Jugendlicher in einem Indianerreservat im Bundesstaat Minnesota erschießt neun Menschen und begeht Selbstmord. Die Hintergründe der Tat sind unklar

WASHINGTON taz ■ Ein Amoklauf in einer Schule erschüttert erneut die USA. Ein Jugendlicher erschoss in einem Indianerreservat im Bundesstaat Minnesota am Montag 9 Menschen, verletzte mindestens 13 und nahm sich dann das Leben. Der 15-Jährige tötete seinen Großvater, dessen Freundin und anschließend sieben Menschen in der Schule. Dies ist die folgenschwerste Schießerei an einer US-Schule seit dem Massaker an der Columbine High School im Bundesstaat Colorado im April 1999. Damals starben 15 Menschen.

Die Bluttat des Teenagers in der Red Lake High School in Minnesota dauerte laut Presseberichten rund eine halbe Stunde. Unter den Opfern sind auch ein Sicherheitsbeamter und eine 62 Jahre alte Lehrerin.

Nach bisherigem Erkenntnisstand besorgte sich der Junge die Waffen im Haus des Großvaters, der im Reservat als Polizist arbeitete. Am Eingang der Schule zielte er sofort auf den Wachmann, lief dann offenbar schießend durch den Flur, betrat ein Klassenzimmer, erschoss Schüler und die Lehrerin und tötete dann sich selbst.

Viele Schüler verbarrikadierten sich währenddessen in ihren Klassenzimmern. Sie habe ihre Schüler unter die Bänke getrieben und dann die Polizei angerufen, berichtete eine Lehrerin der Lokalzeitung The Pioneer Press.

Was den Jungen zu der Tat getrieben hat, ist bislang nicht bekannt. Verwandte beschrieben ihn als Einzelgänger, dessen Vater vor wenigen Jahren Selbstmord begangen habe. Mitschüler erzählten, der Todesschütze habe bereits vor einem Jahr über Pläne für eine Massenschießerei geredet.

Nach Angaben von Pioneer Press soll der Amokläufer sich in rechtsextremen Online-Foren als Bewunderer von Adolf Hitler bezeichnet haben. Dort sei er unter dem deutschen Namen „Todesengel« aufgetreten. Er sei stets in einem dunklen Mantel zur Schule gekommen und habe mit Vorliebe Musik des Schockrockers Marilyn Manson gehört.

Der Ort des Geschehens liegt im Norden Minnesotas nahe der kanadischen Grenze. Das Reservat ist Heimat der Chippewa, eines sehr armen Indianerstamms in diesem Bundesstaat, in dem insgesamt elf Indianervölker leben. Sämtliche 355 Schüler der Red Lake High School sollen indianischer Abstammung sein. Die High School schneidet im Leistungsvergleich mit anderen Bildungseinrichtungen in Minnesota ausgesprochen schlecht ab.

Das Reservat und seine rund 5.000 Bewohner sind von der Außenwelt weitgehend isoliert. Die Arbeitslosenquote liegt bei 40 Prozent, viele Familien leben unter der Armutsgrenze. Konnten andere Indianerstämme in den vergangenen Jahren ihre wirtschaftliche und soziale Situation deutlich verbessern, vor allem durch Einnahmen aus Glücksspiel und Tourismus, spielten diese Einkünfte in dem abgelegenen Reservat kaum eine Rolle.

Eine Besonderheit der Reservate ist, dass sie weitgehend autonom sind und die Strafverfolgung daher in den Händen der eigenen Indianerpolizei liegt. Der „beherbergende“ Bundesstaat hat nur eine bedingte Zuständigkeit über das Territorium. MICHAEL STRECK