Neutralität um jeden Preis

Irland vor 60 Jahren: Die Versuche der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), den Krieg getreu dem Motto „Englands Schwierigkeiten sind Irlands Chance“ auszunutzen, sind mit dem Kriegsende gescheitert, weil die Waffenlieferungen der Nazis nie auf der Insel ankamen. Irland ist das Armenhaus Europas, wenn auch die Rationierungen der Lebensmittel relativ schnell aufgehoben werden. Zur materiellen Not kommt eine von der katholischen Kirche verordnete geistige Enge, die fortschrittliche Kräfte, darunter viele Schriftsteller, aus dem Land treibt. In der 1937 verabschiedeten Verfassung wird der Katholizismus zur Staatsreligion erhoben. Erst 20 Jahre später wird sich Irland öffnen.

Meehan vor 60 Jahren: Sylvia Meehan ist 16, als der Rundfunk das Kriegsende verkündet. Der Zweite Weltkrieg war für sie eher eine Geografiestunde, da sie das Vorrücken der Alliierten auf dem Atlas verfolgt. Seit dem Teenageralter war es ihr Traum, Rechtsanwältin zu werden. Sie studiert auch Jura und nimmt als Praktikum einen Job in der Universitätsbibliothek an. Dann lernt sie ihren späteren Mann Denis kennen. Mit der Hochzeit ist ihre Karriere ist vorerst beendet: Ehefrauen gehören laut Verfassung nicht in den öffentlichen Dienst, sondern an den Herd. Erst nach Denis’ Tod kann sie ihre eigene Karriere wieder aufnehmen.

Nächsten Mittwoch: Georg Blume über den Philosophieprofessor und Anarchisten Zhou Fu Cheng und wie er zwischen Weltkrieg und Kulturrevolution seinen klaren Geist bewahrte.