Krieg ist langweilig

Steven Spielberg und Tom Hanks haben zusammen schon den D-Day-Schocker „Saving Private Ryan“ gedreht. Mit ihrer TV-Serie „Band of Brothers“ (Freitag, RTL 2, 20.15 Uhr) versuchen sie, das große Kriegsdrama ins kleine Format zu pressen

Von Stefan Reinecke

Hübsch schweben die Fallschirmjäger vom Himmel, dröhnend knattert das MG, der Sergeant brüllt: „Wo zum Teufel bleibt der Nachschub“, neben ihm wird einem GI von einem Granatsplitter der Bauch zerfetzt. So sieht der Vormarsch der US-Truppen 1944 in „Band of Brothers“ aus: dreckig und schön, heroisch und kaputt. Und am Ende fast jeder Folge hat man es den Krauts wieder richtig gezeigt. „Band of Brothers“ erzählt in zehn Folgen die Geschichte der „Easy“-Division, von der Rekrutierung in den USA über D-Day, die Ardennenoffensive bis zum 8. Mai 1945. Steven Spielberg und Tom Hanks haben die Serie produziert, sie hat 125 Millionen Dollar gekostet (von denen man seltsam wenig sieht) und ist der monumental gescheiterte Versuch, den Erfolg von „Saving Private Ryan“ ins TV-Format zu übersetzten.

„Band of Brothers“ versammelt das seit den 50er-Jahren genreübliche Personal: den bösen Schleifer, der vom verständigen Offizier abgelöst wird, den Schwächling, dem man auf den ersten Blick ansieht, dass er keine zwei Folgen überleben wird, den toughen GI, der auch hinter den feindlichen Linien besteht. „Band of Brothers“ ist, wie die 50er-Jahre Weltkriegsfilme, zu bedingungslosem Patriotismus entschlossen – es wird viel und blutig gestorben, aber stets im hellen Bewusstsein, dass es der guten Sache dient. Die Doktrin des alten Kriegsfilms war, dass es Helden geben muss und sich Krieg als eine Art Western inszenieren lässt. Die Doktrin des neuen ist die Authentizitätsgeste.

So sieht man vor jeder Folge „echte“ Veteranen jener Airborne Division, die beglaubigen sollen, dass es wirklich so war, wie man nun sehen wird (In der RTL 2 Version sind die Vets kurios trashig deutsch synchronisiert, was einen bizarren V-Effekt ergibt). Auch die Ästhetik ist auf Naturalismus getrimmt. Anders als in den 50er-Jahre-Kriegsfilmen wird aber auch das Abgründige nicht ausgeblendet: Deutsche Gefangene werden erschossen. Auch das ist ein Authentizitätszeichen. Wo der alte Kriegsfilm Helden und psychologische Konflikte im Übermaß bot, versucht „Band of Brothers“ eine Neudefinition des Heroischen. Außer einem gütigen, klugen, mutigen, tadellosen Offizier bietet die Serie keine brauchbare Identifikationsfigur. Der Held ist die Division, das Kollektiv. „Band of Brothers“ ist der Traum von einer fernen Zeit, als Krieg noch echt war, als man dem Feind noch über Kimme und Korn ins Gesicht blicken konnte. Die Wischblenden und Slowmotion-Bilder sind Sehnsuchtszeichen nach dieser Zeit, nach dem good war, als der Feind noch verlässlich das Böse verkörperte und als Militär noch ein geschlossener Männerkosmos war.

Daneben, als unbeabsichtigter Effekt, erzählt die Serie noch etwas anderes. Etwas, das ins Auge springt, wenn man sich zwei, drei Folgen hintereinander anschaut. GIs sterben, MGs knattern, die Division rückt vor. Das Leben in der Etappe ist lustig, aber rasch geht es stets wieder an die Front. Dort sterben GIs, MGs knattern, die Division rückt vor. So geht es immer weiter. Sterben ist eine ernste Sache. Aber Krieg ist eine Abfolge des Immergleichen. Krieg ist langweilig.

Das ist, gerade in diesem patriotischen Schweiß-&-Blut-Getöse, eine subversive Botschaft.