Ein netter Revolutionär

Der Japaner Shuji Nakamura hat mit seiner Erfindung des Blauen Lasers die Welt verändert. Unter anderem läutete er das Ende der Glühbirne ein. Nun kommt er von der University of California in Santa Barbara als Honorarprofessor auch an die Bremer Uni

bremen taz ■ Ein ausgesprochen netter Japaner hat diese Woche die Bremer Universität besucht, Honorarvorlesungen gehalten und auf die Fragen der Presse geantwortet: Shuji Nakamura. Fast unscheinbar wirkt er, und doch hat er die Welt verändert und wird sie weiter verändern. Der Festkörperphysiker Prof. Detlef Hommel ist sichtlich stolz, diesen Mann nach Bremen geholt zu haben – immerhin als Honorarprofessor. Eigentlich wirkt er in Santa Barbara an der University of California.

Vor einem Jahr machte Shuji Nakamura große Schlagzeilen bei den Nachrichtenagenturen: 188 Millionen Dollar hatte der japanische Richter Ryoichi Mimura ihm zugesprochen. Seine Firma hatte Milliardengewinne mit seiner Erfindung des „Blauen Lasers“ gemacht, meinte das Gericht, und eigentlich würde dem Ingenieur die Hälfte davon zustehen. Denn‚ „die Erfindung ist das ausgesprochen seltene Beispiel einer Weltklassen-Erfindung, die ein Entdecker durch seine persönlichen Ideen und in der bescheidenen Umgebung eines mittelständischen Unternehmens gemacht hat“, begründete der Richter.

Das Urteil war eine Sensation: In der japanischen Industriekultur gilt die Firma alles, das Individuum nichts. „Wenn ein Nagel aus einem Brett herauskommt, schlägt man ihn wieder hinein“, mit diesem japanischen Sprichwort beschreibt Nakamura die Kultur seines Landes. 150 Dollar Belohnung hatte der Forscher 1995 von seiner Firma als Belohnung für seine technologische Entwicklung erhalten. Als er bei einem Forschungsaufenthalt in den USA erfahren hatte, wie anders ein Land mit seiner Elite umgehen kann, entschloss er sich, bei Nichia zu kündigen. Doch Nichia wollte den Ingenieur bis in die USA verfolgen – angeblich sei es Verrat von „Firmengeheimnissen“, dass er dort als Berater für andere Firmen tätig war. Nakamura revanchierte sich mit der Gegenklage.

Ein Jahr nach seinem großen Gerichtserfolg hat der japanische Supreme Court das Urteil korrigiert und die von Nichia zu zahlende Summe auf sechs Millionen Dollar festgesetzt. Nakamura erzählt das ganz ohne Groll. Er sei darüber enttäuscht, meint er, aber dennoch sei der Prozess revolutionär für Japan, wo das Patentrecht nun neu interpretiert werde, weil das Forscherindividuum anerkannt worden sei.

Nakamuras ehemalige Firma Nichia gilt noch heute als weltweit führend in der von ihm erfundenen Technologie der Blauen Laser. Im Jahre 2002 einigten sich die führenden Elektronik-Konzerne der Welt darauf, mit der Blauen Laser-Technologie die alte rote Laser-Technik der CD- und DVD-Technik abzulösen. Die technische Idee, die Nakamura hatte, ermöglicht es, das kurzwelligere blaue Licht für die Speicherung zu nutzen – 23 Gigabyte sollen einmal auf eine Rohling Scheibe gehen. Sony hat in Japan schon die ersten „Blue Ray Disc“-Rekorder auf den Markt gebracht, und die Hersteller hochauflösender LED-Fernsehbildschirme drängen auf die Entwicklung eines Speichermediums, das ihren Datenmengen gerecht werden könnte.

Aber auch in anderen Bereichen wird die Erfindung des blauen Laser- und LED-Lichtes die Technik verändern. Außerhalb Deutschlands werden schon die Ampeln im Straßenverkehr mit der LED-Technik betrieben – das spart nicht nur 90 Prozent der Energie, sondern auch giftige und teure Stoffe wie Quecksilber, Arsen und Cadmium. Die Tage der alten Glühbirne, die bei der Umwandlung der Energie in Licht die Hälfte vergeudet, scheinen gezählt.

Nakamura war nur zwei Tage in Bremen. Er kam aus Hongkong, in Bremen hat er nur einen Zwischenstopp auf dem Weg nach Kalifornien gemacht, sagt der Bremer Physiker Hommel. Er ist stolz darauf, seinen Studenten den berühmten Japaner präsentieren zu können, und als Honorarprofessor wird Nakamura in den nächsten Monaten immer wieder zu „Blockseminaren“ nach Bremen kommen. Warum gerade Bremen? 1997 habe er Nakamura kennen gelernt, sagt Hommel, damals in dem typischen unscheinbaren Blaumann, in dem japanische Ingenieure sich in ihren Firmen bewegen. Seitdem habe er immer wieder wissenschaftlichen Austausch gehabt – in Japan, in Kalifornien, in Bremen. Man trifft sich öfter. „Deutsche Universitäten sind sehr stark in der Theorie“, sagt Shiji Nakamura mit Blick auf die Bremer Kollegen, „ohne ihre Kenntnisse wären wir in der Praxis noch längst nicht so weit.“

Klaus Wolschner