Nacktparty für Münchner Polizisten

Während einer Drogenrazzia in einer Reggaediskothek unterzogen Polizisten die Besucherinnen peinigenden Leibesvisitationen. Gäste reichten Beschwerden beim Innenministerium ein. Grüne: „unverhältnismäßiger Einsatz“

MÜNCHEN taz ■ Die Münchner Polizei bleibt ihrem Ruf als handfeste Truppe treu: Nach einer Drogenrazzia in einer Diskothek beklagen sich dutzendfach Gäste über entwürdigende Durchsuchungsmethoden – viele mussten sich komplett ausziehen. Die grüne Stadtratsfraktion prangert die „Verletzung der Intimsphäre“ an und spricht von einer „neuen Qualität“ polizeilicher Maßnahmen.

Anlass des Großeinsatzes war ein Marihuanakonsum „in noch nie da gewesenem Ausmaß“, so die Polizei. Sowohl in der Disko, als auch in der dazu gehörigen Bar „wurden für jeden wahrnehmbar so genannte Joints konsumiert“, auch seien „Verkaufsverhandlungen“ feststellbar gewesen. Und weil gar so viel Hasch am Boden lag – „24 Tütchen und 8 vorgefertigte Joints“ – wurde ganz genau hingeschaut von den Beamten: Viele der 181 kontrollierten Personen mussten sich entkleiden, nachdem die 160 Polizisten am vergangenen Sonntag gegen 1 Uhr nachts die Diskothek „Pulverturm“ gestürmt hatten. Einige Gäste der Reggaeparty berichten, die Polizei habe ihnen mit einer Taschenlampe in den Schritt geleuchtet bzw. in den Slip gefasst. „Sogar unter den Brüsten haben die Beamtinnen nachgesehen, ob ich Drogen versteckt habe“, zitiert die Münchner Abendzeitung eine Betroffene.

Einige Verdächtigte wollten sich zuerst nicht die Blöße geben, „daraufhin drohte man mir, mich mit Gewalt auszuziehen“, klagte eine der durchsuchten Frauen. Zwei Dutzend Anrufe von Betroffenen und Zeugen verzeichnete die Abendzeitung bisher – zumeist berufstätige Frauen in den Dreißigern –, die allesamt übereinstimmend eine „entwürdigende Behandlung“ beklagt hätten.

Die 39-jährige Altenpflegerin und zweifache Mutter Sabine U. berichtete dem Boulevardblatt, dass Polizistinnen „alle Körperöffnungen“ auf versteckte Drogen untersucht hätten, der Schutz vor Blicken männlicher Kollegen sei dabei nicht gewährleistet gewesen.

Einige der Betroffenen haben inzwischen schriftliche Eingaben im bayerischen Innenministerium gemacht, was Ministeriumssprecher Michael Ziegler bestätigt: „Es sind vereinzelt Schreiben eingetroffen, die Vorgänge werden vom Polizeipräsidium München überprüft.“ Falls ein Fehlverhalten vorliege, „hat das die entsprechenden Konsequenzen“.

Die grüne Landtagsabgeordnete Christine Kamm will selbst beim Präsidium nachfragen: „Falls die Vorwürfe zutreffen, ist das ein völlig unverhältnismäßiger Einsatz gewesen.“ Und auch Sigi Benker, Fraktionsvorsitzender der Stadtratsgrünen, ist entsetzt: „Solche Maßnahmen kennen wir bisher nur im Politbereich.“ Man müsse ganz genau überprüfen, ob die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt worden sei. Derzeit sehe es so aus, als ob die Polizei „deutlich zu massiv“ vorgegangen sei.

Die Drogenbilanz der Durchsuchung: 14 vorläufige Festnahmen wegen des „Besitzes von Konsumeinheiten Marihuana und Joints“, gegen eine der Personen wird wegen entsprechenden Handels ermittelt. Insgesamt wurden 60 Gramm Marihuana und 21 Joints beschlagnahmt.

MAX HÄGLER