Union hat prämierte Inis auf dem Kieker

CDU: Von der Bundesregierung ausgezeichnete Initiativen gegen Rechtsextremismus sind selbst linksextremistisch

BERLIN taz ■Die Union unterstellt der Bundesregierung, den Linksextremismus zu fördern. Innenpolitiker der Bundestagsfraktion behaupten in einer Großen Anfrage, das vom Bund finanzierte „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ fördere Initiativen, die „linksextremistisch beeinflusst, wenn nicht sogar verfassungsfeindlich“ seien.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz wurde im Mai 2000 von Bundespolitikern wie Otto Schily und Herta Däubler-Gmelin (beide SPD) ins Leben gerufen. Es soll lokalen Anti-Extremismus-Initiativen zu bundesweiter Aufmerksamkeit verhelfen. Vorbildliche Projekte werden deshalb öffentlich geehrt. Daneben bekommen die Initiativen auch Preisgelder zwischen wenigen hundert und 10.000 Euro. Das Geld können sie ausgeben, wofür sie wollen, einige haben damit ihre Miete bezahlt.

Die Fragesteller aus CDU und CSU haben akribisch im Internet und in Verfassungsschutzberichten recherchiert, um ihre These zu erhärten. Sie unterstellen den prämierten Initiativen in ihrer Anfrage zwar nicht, dass sie selbst vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Doch seien viele Initiativen im Internet mit Personen oder Vereinen verlinkt, die der Verfassungsschutz dem linksextremen Spektrum zuordnet. Außerdem wirft die Union mehreren Initiativen vor, Teil der Antifa-Szene zu sein. Und auch Antifas zähle der Verfassungsschutz zum „gewaltbereiten linksextremistischen Potenzial“.

Der Antifa-Szene gehört etwa die prämierte Antifa-AG der Universität Bielefeld an. Die präsentiert sich noch dazu im Internet mit dem Emblem der „antifaschistischen Aktion“, das auch im Verfassungsschutzbericht von Niedersachsen abgebildet ist, so der Vorwurf.

Die ebenfalls prämierte Initiative „Politik und kritische Kultur, Alternative Jugend Schwedt“ hat im Jahr 2000 in der taz einen Aufruf zur Freilassung von ehemaligen Mitgliedern der „revolutionären Zellen“ mit unterzeichnet, weil die Tatvorwürfe mehr als zehn Jahre zurücklägen. Prominente Mitunterzeichnerinnen waren Claudia Roth, Renate Künast, Annelie Buntenbach und Angela Marquardt.

Einer Ausstellung der Initiative „Pfeffer und Salz“ aus dem brandenburgischen Angermünde wird zum Vorwurf gemacht, dass sie auf einer Website rezensiert wird, die der Verfassungsschutz dem Linksextremismus zuordnet. Es handelt sich um die vom Bund mit 3.000 Euro prämierte Ausstellung „Der Nummer einen Namen geben“ über Flüchtlinge in Brandenburg.

Holger Zschoge von „Pfeffer und Salz“ meint, dass die CDU ein ideologisches Problem mit den Anti-Extremismus-Initiativen hat. „Indem sie zivilgesellschaftliche Initiativen im linksliberalen bis hinein ins sozialdemokratische Spektrum in die extremistische Ecke stellt, will sie rechts davon viel Platz schaffen.“ Das treffe die wenigen zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich noch in Neonazi-Hochburgen im Osten engagieren, hart.

Es ist nicht der erste Versuch von Unionspolitikern, Anti-Rechts-Initiativen den Geldhahn abzudrehen. Das CDU-regierte Thüringen zahlt beispielsweise nichts zu Anti-Rechts-Programmen des Bundes dazu. Die Anfrage wird voraussichtlich im Mai im Bundestag beantwortet werden. Vorab äußert sich die Bundesregierung nicht dazu. Allerdings hat das beim Bund angesiedelte „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ reagiert: Die angeprangerten Initiativen stehen nicht länger als vorbildliche Projekte auf dessen Website. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der taz, dies sei „jedoch kein Schuldeingeständnis“. MARINA MAI