Die es Gen-au wissen wollen

Weil das Gentechnikgesetz keine genauen Angaben über Gen-Anbauflächen vorsieht, veröffentlicht der BUND eine eigene Liste. FDP: „Das lädt militante Gegner zum Zerstören der Felder ein“

VON ULLA JASPER

Wer am vergangenen Wochenende zu einem Osterspaziergang unterwegs war, könnte – ohne es bemerkt zu haben – an einigen Feldern vorbeigewandert sein, die mit gentechnisch verändertem Saatgut bestellt worden sind. Denn wer herausfinden will, wo genau Gentechnik in der Landwirtschaft eingesetzt wird, muss viel Eigeninitiative zeigen – konkrete Standortangaben gibt es nicht.

Seit zu Beginn des Jahres das neue Gentechnikgesetz in Kraft getreten ist, dürfen gentechnisch veränderte Produkte nicht mehr allein zu Forschungs-, sondern auch zu kommerziellen Zwecken angebaut werden. „Schon seit Jahren werden gentechnisch veränderter Mais, Raps, Zuckerrüben und Kartoffeln in der so genannten Freisetzung, also im Rahmen wissenschaftlicher Forschungsprojekte, angebaut“, erklärt Ralk Bilke, Agrarreferent beim nordrhein-westfälischen Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). So betreibt zum Beispiel die Hoechst Schering Agrevo GmbH in Bönen bei Hamm seit 1996 eine 30.000 Quadratmeter große Versuchsfläche, auf der Gen-Raps für Forschungszwecke angebaut wird.

Doch erst seit diesem Jahr ist es erlaubt, das Saatgut auch in der kommerziellen Landwirtschaft einzusetzen. So wird im münsterländischen Greven auf einer 500 Quadratmeter großen Fläche Mais angebaut. Auch in der Gemarkung Laurensberg in Aachen wird gentechnisch veränderter Mais der Firma Monsanto auf 2.500 Quadratmetern angepflanzt. Monsantos so genannter BT-Mais MON-810 ist so designt, dass er gegen das Maispflanzen fressende Insekt Maiszünsler immun sein soll. Der Gen-Mais stelle eine „sichere, effektive und kostengünstige Methode zur Bekämpfung des Maiszünslers dar, die den deutschen Landwirten enorme wirtschaftliche Vorteile bietet“, so das Ergebnis einer Studie des amerikanischen Biotech-Konzerns.

Die Umweltschützer von Greenpeace kommen jedoch zu einer anderen Einschätzung. „Es gibt zahlreiche Risiken, die nicht ausreichend geprüft wurden“, erklärte die Organisation bei einer Protestaktion in Brüssel vor wenigen Tagen. Studien belegen nach Greenpeace-Informationen, dass das so genannte Bt-Gift, das den Mais gegen Schädlinge immun machen soll, auch nützliche, „gute“ Insekten wie das Tagpfauenauge schädigt. Zudem kann gentechnisch verändertes Erbgut durch Pollenflug auf andere, nicht genmanipulierte Pflanzen übertragen werden und „ausgekreuzt“ werden.

Um Verbraucher, Umweltschützer und Landwirte, die der Gentechnik ablehnend gegenüberstehen, zu beruhigen, schreibt das Gentechnikgesetz deshalb vor, dass die Standorte der Anbauflächen in einem Standortregister des Bundesamts für Verbraucherschutz veröffentlicht werden. Doch bereits wenige Wochen nach Inkrafttreten der Veröffentlichungspflicht hat der Bundestag bereits beschlossen, den Zugang zum Register wieder zu erschweren. Künftig sollen nur noch diejenigen genaue Informationen über den Genanbau erhalten, die ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen können – also etwa benachbarte Landwirte oder Imker.

Der BUND befürchtet, dass dadurch die Transparenz in der Gentechnik weiter reduziert wird und hat deshalb zum zweiten Mal ein eigenes, detailliertes Standortregister für Gen-Anbauflächen in NRW im Internet veröffentlicht – und sich damit heftiger Kritik von Bauernverbänden, CDU und FDP ausgesetzt. Die FDP-Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan erklärte, das Register lade „militante Gegner der Gentechnik zum Zerstören der Felder geradezu ein“. Einen solchen Fall hat es bisher aber nach Angaben des BUND noch nicht gegeben. Agrarexperte Ralf Bilke hält die Kritik der FDP deshalb für absurd: „Wenn Sparkassen ihr Filialnetz im Internet veröffentlichen, ist das ja wohl auch kein Aufruf zu Banküberfällen.“