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: Zwischen Tuntenphantasie und Devotionalienschau

Sie sind tot und sind es doch nicht – die „Unsterblichen“, wie eine Ausstellung im Bonner Frauenmuseum sie nennt: Zarah Leander, Trude Herr und Marika Rökk gehören zu jenen untoten Show-Zombies, die auf ewig im kulturellen Gedächtnis herumgeistern und „niemals so ganz gehen“, wie Trude so trefflich sang.

Dass sie ins Frauenmuseum geraten sind, verdanken sie der Schwerfälligkeit bundesstädtischer Administration: Da es der Stadt Bonn nicht gelang, für die ihr überlassene, von Travestiekünstler Curt Delander in Jahrzehnten aufgebaute Sammlung von Erinnerungsstücken einen angemessenen Präsentationsrahmen zu schaffen, hat nun das Frauenmuseum einen Teil der Exponate als Dauerleihgabe übernommen. Schließlich sei in ihrem Haus für starke, unkonventionelle Frauen immer Platz, so Direktorin Marianne Pitzen.

In einem plüschigen Separee links neben dem Eingang haben sie nun Platz gefunden, die drei Damen und ihre Dinge: Originale Bühnenkleider und Theaterjuwelen, Plattenhüllen und Filmplakate, viele Fotos und ein Flachmann, Autogramme und Dokumente, Zarahs Gagentasche und ein Grammophon. Parallel dazu zeigen Fotos von Maresa Jung die Glamour-Junkies Curt Delander und Alan de Paris als Travestiekünstler in verschiedenen Stadien der Verwandlung.

Grundsätzlich stimmt zweierlei an dieser Ausstellung: Erstens ist es korrekt, der Sammlung Delander nach viel Hin- und Hergeschiebe endlich ein Forum zu bieten. Und zweitens sind Ausstellungen zu noch immer komplexen und irritierenden Themen wie Frauen- und Geschlechterrollen nach wie vor wichtig. Doch damit ist leider schon Schluss mit dem Wahren, Schönen und Guten: Der „Unsterblichen“-Schau fehlt der Leitgedanke, das Konzept. Lässt man die ästhetisch ansprechenden Fotos von Maresa Jung beiseite, steht der Betrachter vor Diversem von Diven: Viel zu viele Fanartikel, zusammenhanglos in enge Vitrinen gerammt, an den Wänden Kleiderpuppe neben Grammophon, keine Erläuterung, keine Sammlungsgeschichte, kein Rundgang, nichts.

Die Ausstellung bleibt stecken, irgendwo zwischen Tuntenphantasie und Devotionalienschau. Und verschenkt die Chance einer tiefer gehenden Betrachtung des Triumvirats Rökk-Herr-Leander. Was hat es mit diesen Teufelsweibern eigentlich auf sich? Waren sie wirklich so stark und unkonventionell? Worin besteht eigentlich der ewig erstaunliche Zusammenhang zwischen Glamourfrau und Schwulenbar? Und was macht eine schwule Ausstellung im Frauenmuseum? Lauter Fragen, die sich beim Füllen der Vitrinen niemand mehr stellte. Ein paar Handtäschchen weniger, stattdessen ein paar mehr Gedanken – geschadet hätte das nicht. HOLGER MÖHLMANN

Die Unsterblichen, Frauenmuseum, Im Krausfeld 10, Bonn, Telefon: 0228/69 13 44, Di-Sa 14-18, So 11-18 Uhr