Freiheit der Wahl

Buhlen ums Indie-Volk: Mike Watt vs. „Blood Brothers“

Für manche unter unseren LeserInnen mag diese Entscheidung gar keine darstellen: Für jene nämlich, denen keiner der Beteiligten etwas sagt, deren Hamburg-Gastspiele nächste Woche am selben Abend konkurrieren – veranstaltet übrigens von derselben Konzertagentur.

Wer aber je sein Herz an jene Sphäre des Rock verlor, die ihre Akteure programmatisch als „Independent“ bezeichneten, der muss auf den Bassisten Mike Watt gestoßen sein: Mit den Minutemen kreuzte er in frühen Nach-Punk-Tagen nicht nur Funk und New-Wave-Experiment mit liberaler Politik. Mehr noch: Das Trio baute in Jahren des DIY-Tourneebetriebs – in einem Lieferwagen mit den Labelmates von Black Flag oder auch Sonic Youth – jene Infrastruktur mit auf, ohne die der Erfolg einer Band wie R.E.M., des Grunge oder auch des „Lollapalooza“-Festivals nicht passiert wären.

Mit der Band fIREHOSE und in zahllosen sonstigen Zusammenhängen festigte Watt seinen Ruf als guter Geist des Indierock; solte dieser je irgendwen in die Rock‘n‘Roll-Hall-of-Fame entsenden, dann Watt. Da ist es auch völlig egal, dass er nun mit ganz neuen Begleitern ein erklärtes, nun ja, Spätwerk im Gepäck hat.

In etwa dort, wo die Minutemen 1985 aufhörten, setzen nun die wenigstens drei Jahrzehnte jüngeren Blood Brothers ein: In ihrem Zicken-Rock kreuzen die androgynen Knaben – gewandet in 80er-Jahre-Heavy-Metal-T-Shirts – die funky Drahtigkeit des Post-Punk mit blanker Synkopen-Raserei und ganz großen Gesten wider Bush-Wähler und andere Landsleute. Umwerfend.

Damals hätten sie mit im SST-Bandbus gesessen. Jetzt würden, dürften wir uns etwas wünschen, die jungen Kratzbürsten und der große alte Mann des Indierock auf derselben Bühne spielen. Seufz. aldi

Blood Brothers: Logo, Mike Watt & The Secondmen: Knust; beide Mi, 6.3., 21 Uhr