Gemeinnutz senkt Dividende

Der Essener Wohnungs-Wirtschaftskonzern Gagfah will an die Börse. Vorher soll durch Lobbyarbeit ein günstigeres Steuermodell für Wohnungsunternehmen durchgesetzt werden

AUS ESSENELMAR KOK

Das Essener Wohnungsunternehmen Gagfah will in den nächsten 18 bis 24 Monaten an der Börse notiert sein. Das teilte gestern Udo Bachmann, Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens, auf der Bilanzpressekonferenz der Gagfah in Essen mit.

Das Unternehmen, das im vergangenen Jahr vom amerikanischen Pensionsfonds Fortress übernommen wurde, machte 2004 den „höchsten Bruttogewinn in seiner Geschichte“, wie Bachmann sagt. Nach Steuern machte die Gagfah im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund 58,7 Millionen Euro. Größten Anteil am finanziellen Erfolg des Unternehmens haben die Mieter des Unternehmens. 80,1 Prozent der Einnahmen entfielen im vergangenen Jahr auf Mieten aus den 82.000 über das Bundesgebiet verteilten Mietwohnungen.

Künftig will das Unternehmen seinen Bestand auf 100.000 Wohnungen deutschlandweit ausdehnen und „die Marktführerschaft übernehmen“, wie Bachmann gestern sagte. Zudem könne er sich vorstellen, dass auch deutsche Kommunen in Zukunft ihre Immobilien verkaufen werden. „Kommunen brauchen Belegungsrechte, kein Eigentum“, so Bachmann, dann könnten sie „Kapital freisetzen, um ihre anderen Aufgaben in Angriff nehmen zu können“.

Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, pro Jahr rund 4.000 Wohnungen seines Bestandes zu verkaufen, um so Gewinne zu realisieren. Mieter bräuchten um ihre Heimstätte aber keine Angst zu haben, betonte der Geschäftsführer. Denn das Unternehmen habe in 2004 eine Sozialcharta verabschiedet, die bundesweit zum Standard werden solle, wie Bachmann, der auch Vorstand des Bundesverbandes für Wohneigentum und Stadtentwicklung ist, forderte. Die Sozialcharta des Konzerns beinhaltet beispielsweise, dass Mieter, die zum Stichtag 1. Oktober 2004 in Wohnungen der Gagfah wohnten, bei Kauf der Immobilie 15 Prozent Nachlass auf den Verkehrswert der Wohnung bekommen sollen.

Für den bevorstehenden Börsengang wünscht sich das Unternehmen von der Politik noch eine Änderung der Steuergesetzgebung, denn „wir haben als ehemals gemeinnütziges Wohnungsunternehmen erhebliche Steuerprobleme“, so Bachmann. Er wünscht sich eine Revolution, die aus den USA kommt und REIT heißt. Das ist die Abkürzung für Real Estate Investment Trust und ermöglicht Unternehmen, die 75 Prozent ihres Vermögens in Immobilien investiert haben, steuerfreie Unternehmensgewinne, wenn der Großteil des Ertrages an die Anteilseigner ausgeschüttet wird. Steuern muss dann der Aktionär von seiner Dividende entrichten. „Wir werden die Politik in diese Richtung beraten“, kündigte der Gagfah-Chef verstärkte Lobbyarbeit der deutschen Immobilienunternehmen an.

Für die Mieter der Wohnungen, die erst nach dem 1. 10. vergangenen Jahres in die Gagfah Immobilien eingezogen sind, gilt die SozialCharta, die Mietern über 60 Jahren ein lebenslanges Wohnrecht und Jüngeren die Wohnung zumindest 10 Jahre garantiert, übrigens nicht. Es sei aber denkbar, so Bachmann, „dass sich neue Mieter über eine gewisse Mietdauer die Sozialcharta erwerben“.

Der Börsengang des Unternehmens wird wahrscheinlich über eine Kapitalerhöhung realisiert werden. Denn die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, vormaliger Inhaber des Wohnungsunternehmens, hatte sich beim Verkauf der Gesellschaft zusichern lassen, Veräußerungen von größeren Anteilen des Unternehmens kontrollieren zu dürfen.

Aber auch die Gagfah selbst kontrolliert gut. Geschulte Mitarbeiter hätten die Mietrückstände auf eine neues Tief gedrückt freut sich die Unternehmensführung. Dennoch sollen in der Börsenzukunft die Mieter des Gagfah-Unternehmens nicht primär für den Gewinn, sondern für den Kapital-Background der Aktiengesellschaft sorgen. Die Zukunft sei „Handel statt Verwaltung“, sagte Bachmann.