Der schwarze Peter bleibt bei der CIA

Auch die jüngste US-Untersuchung zu den Fehlern der Geheimdienste im Vorfeld des Irakkriegs drückt sich um die Frage, welche Rolle die Regierung bei der Interpretation der Daten spielte. Stattdessen hagelt es Vorwürfe an die CIA

WASHINGTON taz ■ Es war ein mittlerweile bekanntes Spiel mit gleich verteilten Rollen. Am Donnerstag stellte eine weitere Untersuchungskommission zum Versagen der US-Geheimdienste im Vorfeld des Irakkrieges ihre schonungslose Kritik der Öffentlichkeit vor. Präsident Bush, mit von der Partie vor versammelter Presse, nickte dabei zustimmend und versprach die Empfehlungen rasch umzusetzen. Damit hatte den schwarzen Peter wieder die CIA, schließlich war sie es, die seinerzeit fehlerhafte Spionageinformationen lieferte.

Und doch war diesmal einiges anders. Zunächst der Ton. Zwar waren die Fehler der Geheimdienstbehörden von vorangegangenen Kommissionen, wie der zu den Terroranschlägen vom 11. September, bereits hinlänglich dokumentiert. Auch die empfohlenen Reformen wie eine bessere Koordination und Agentenausbildung sind mittlerweile bekannt.

Bemerkenswert war jedoch, wie vernichtend das Urteil ausfiel. Die Geheimdienste hätten „völlig falsch“ gelegen, über kaum verlässliche Informationen zu irakischen Waffenprogrammen verfügt, vorhandene Daten falsch analysiert und in Berichten an das Weiße Haus nicht deutlich genug gemacht, dass es sich oft nur um Vermutungen handle. Besonders gravierend: Abweichende Stimmen, vor allem im Außenministerium, wurden häufig ignoriert. Die Kommission resümiert, dass die Glaubwürdigkeit der US-Sicherheitspolitik weltweit so schwer beschädigt sei, dass es Jahren dauern werde, sie zurückzugewinnen.

Ohne Länder wie Nordkorea und Iran beim Namen zu nennen, wird festgestellt, dass die USA über Waffenprogramme anderer bedrohlicher Staaten „verstörend wenig“ wüssten. Die US-Regierung muss also mit skeptischen Haltungen in Europa und Asien leben, wenn es um Washingtons Darstellung zu den Atomwaffenprojekten in Teheran und Pjöngjang geht. Experten sehen für Bush die Gefahr internationaler Isolation, sollte seine Regierung das Misstrauen nicht überwinden können.

Doch ist unklar, wie dies geschehen soll, wenn niemals der entscheidenden Frage nachgegangen wird, was die Bush-Regierung mit den ihnen vorgelegten Daten anstellte. Fachleute weisen auch jetzt wieder darauf hin, dass Geheimdienstdaten immer mit Vorsicht zu genießen sind, da sie lückenhaft und ungenau sein können und am Ende die Interpretation zählt.

Ob Bush dann nicht doch die Verantwortung für die Fehleinschätzungen im Irak trage, wurde Kommissionschef Laurence Silberman von Journalisten gefragt. Dieser antwortete erstaunlich deutlich. „Als Präsident ist er für alles verantwortlich, was unter seiner Regie passiert.“

MICHAEL STRECK