Viva war einmal

Viacom schluckt viva, feuert Mitarbeiter, plant den Relaunch. In Köln geht derweil die Angst um

VON SEBASTIAN SEDLMAYR

Plötzlich ist es wieder still geworden um den Kölner Musiksender Viva. Die Nachricht vom März, dass Viva mit MTV verschmilzt und mindestens 210 der knapp 300 Jobs bei dem Teenie-Kanal wegfallen, hat bundesweit für Aufruhr gesorgt. Besonders bedrückt wurde die Nachricht vom Umzug nach Berlin in der NRW-Staatskanzlei aufgenommen.

Viel Aufhebens wollte man im Wahlkampf nicht machen und zeigte, so Ministerpräsident Peer Steinbrück, „Verständnis“ für die „betriebswirtschaftlichen“ Entscheidungen. Kein Wunder, dass die Landesregierung den Ball flach halten will: Viva ist das Ziehkind der nordrhein-westfälischen Medienpolitik seit den Zeiten des Ministerpräsidenten Johannes Rau. Wie kein anderer privater TV-Sender davor oder danach ist die „deutsche Antwort auf MTV“ gefördert worden. Von eben diesem Erzrivalen MTV ist Viva im vergangenen Jahr geschluckt worden – oder genauer: vom New Yorker Medienkonzern Viacom, zu dem auch MTV gehört.

Für Viacom ist Viva offenbar vor allem ein Einfallstor in den deutschen Fernsehmarkt. Der Co-President von Viacom, Tom Freston, sagte kurz nach dem Kauf: „Weitere Akquisitionen sind möglich.“ Gebraucht wird die Kölner Clipspule nach Effizienzkriterien allerdings nicht mehr. Die Nische ist nach Ansicht der meisten Branchenbeobachter zu eng für vier Musikkanäle. Und da Viacom nun mit MTV, MTV2, Viva und Viva Plus alle beherrscht, kann der Konzern den Markt nach seinen Vorstellungen neu ordnen.

Für die ehemals boomende Musikstadt Köln sieht es da mau aus. Nur Viva Plus bleibt mit einem Mini-Team erhalten. Weitgehend entmachtet ist auch der Gründer von Viva, Dieter Gorny. Zwar muss er sich um seine Zukunft keine großen Sorgen machen. Nach einigen Vorverhandlungen war der Preis – geschätzte 310 Millionen Euro – für die defizitäre Viva Media AG großzügig, und Gorny selbst darf als Sonderbotschafter mit einem unklar konturierten Aufgabenfeld zwischen Köln und der MTV-Zentrale in London neue Herausforderungen suchen. Die Übernahme dürfte dem Pop-Veteranen dennoch Bauchschmerzen bereiten. Denn mit Viva war Gorny 1993 angetreten, MTV das Fürchten zu lehren.

Warum nun dieses Schweigen? Dafür gibt es zwei Gründe: Dieter Gorny hat nichts mehr zu melden. Die neue Chefin Catherine Mühlemann hat kaum verhohlenes Desinteresse für Viva gezeigt, als sie zur Betriebsversammlung nach Köln kam, um die geplanten Entlassungen zu verkünden. Zweiter Grund: Die verbliebenen Viva-Angestellten haben Angst. Das Ausmaß der Kündigungen ist bekannt. Wen es aber letztlich trifft, ist bis heute unklar. Entsprechend hoch ist der Druck. Nur Ehemalige und ganz Aufrechte wie der Betriebsrat Thomas Diekmann wollen sich noch äußern.

Ohne eigenständiges TV-Team soll Viva nun wieder profitabel werden. Die Verkündigung der Geschäftsziele für 2005 aus dem Mund der MTV/Viva-Chefin Mühlemann entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Sie will den Umsatz um 15 Prozent steigern. Mit deutschsprachiger Musik.