gastkommentar
: Die Bewerbung war richtig

Nach dem Ausscheiden Bremens aus der Bewerbung um die Kulturhauptstadt Europas werden Stimmen laut, die es immer schon gewusst haben, dass Bremen sich das nicht leisten kann oder dass das Konzept nicht richtig war. So behauptet auch Katrin Rabus in ihrem taz-Gastkommentar: „Die Bewerbung zur Kulturhauptstadt ist gescheitert, und dies hat – auch wenn die Verantwortlichen es nicht gerne hören – auch mit dem Konzept zu tun.“ Sie glaubt, dass das Bewerbungskonzept Wesentliches versäumt habe, nämlich gesellschaftliche Relevanz und ein Antworten auf die wirtschaftliche Krise und die sozialen Probleme.

Das Papier atmet den Geist eines abgestandenen sozialdemokratischen Habitus, der sich fragt, ob die Kultur für neoliberale Modernisierungsziele instrumentalisiert wird. Mit neo-liberal ist das negative Reizwort par excellence benutzt, aber es verkennt, welche Öffnungsprozesse der Bewerbungsprozess in die Stadt gebracht hat. Wenn jetzt ein Immigrantenorchester auftritt oder es mehr Projekte von Kultureinrichtungen für Kinder gibt, dann ist das nicht neo-liberal, sondern sozial sensibel, aufgeschlossen und zielt auf mehr Partizipation der real bunteren Gesellschaft.

Katrin Rabus unterstellt, mit mehr sozialer Ausrichtung hätte Bremen die Bewerbung gewinnen können. Das verkennt, dass es doch offensichtlich auch bestimmte politische Proporze für die Jury gegeben hat. Aus meiner Sicht war die Bewerbung richtig, so bitter es ist, dass wir nicht gewonnen haben. Immerhin hat die Jury unmissverständlich festgehalten, dass Bremen mit der Bewerbung auf dem richtigen Weg ist und die Umkehr verboten ist. Also kann das Konzept so falsch nicht gewesen sein.

Kunst und Kultur sind kein Luxus für wenige und dürfen es nicht sein, sondern sind die Ressourcen für Kreativität, für Sensibilität, für Neugier, für Wachheit, Interessiertheit und Offenheit. Gerade eine Gesellschaft im Umbruch, wie wir es sind, braucht diese Ressourcen. Das war der Ansatz und das hatten auch alle Akteure verstanden, die aus Unternehmen und Wissenschaft, aus Schulen und Projekten diese Bewerbung unterstützt haben. Kunst und Kultur sind die Kräfte, die Veränderungsfähigkeit herstellen, Ausdrucksstärke fördern, Begegnungen ermöglichen zwischen Fremden.

Mit dem Bewerbunsgprozess ist es gelungen, deutlich zu machen, viel deutlicher als die zehn Jahre vorher, dass Kunst und Kultur gesellschaftliche Ressourcen der Erneuerung sind, dass sie einen Beitrag an Lebendigheit, Horizonterweiterung, Öffnung der Welt gegenüber bedeuten, die Bremen dringend braucht. Dass Kultur eben nicht mehr als Orchideenprojekt und Luxusartikel begriffen wurde, sondern als ein Teil der Strategie zur Erneuerung Bremens ist keine falsche Instrumentalisierung von Kunst und Kultur, sondern ihre Aufwertung, jedenfalls so lange klar ist, dass die Politik für die Absicherung der Basisfinanzierung für die Kultureinrichtungen streitet, und das allerdings muß sie tun. Da gibt es gar kein Verstecken, hier muß jetzt der Kampf um die Kulturmittel geführt werden und für die Sicherung der Sondermittel für die Rettung von Kulturstadtvorhaben. Wer die Erneuerung Bremens will und gerade die Teilhabe vieler, der darf Kitas nicht gegen Kultur ausspielen, sondern „Kultur in die Kitas“ muss die Parole sein.

Leider haben sich in Bremen jetzt einige genau auf diese falsche Alternative eingeschossen. Das ist kurzsichtig und politisch dumm. Es schadet nämlich der notwenigen Erneuerung Bremens. Ohne kulturelle Aufgeschlossenheit wird Bremen ein dürres Dorf des Sparens, wo keine Kräfte zum Aufbruch mehr mobilisiert werden können.

Was ist jetzt zu tun:

1. Die Kulturabteilung muss endlich erneuert und zum Kraftfeld der kulturpolitischen Kompetenz in Bremen werden.

2. Das Bewerbungsteam soll seine gute Arbeit in den nächsten Jahren in besondere Kulturfeste und Kulturvorhaben umsetzen, damit keine guten Vorschläge verloren gehen, auch das ist Nachhaltigkeit. Das Weltspiel, das privat finanziert ist, soll seine Stärken entfalten und für Bremen fruchtbar machen.

3. Die Landeskulturpolitik hat die Verantwortung für die Sicherung der Basisfinanzierung der Kultureinrichtungen, die Projektförderung ist ein zusätzliches Anreizsystem für besondere Aktivitäten.

4. Den politischen Prozess, den Bremen mit und in der Bewerbung gemacht hat, das neue Selbstverständnis in der Stadt, sollten wir nicht zerstören, sondern weiterentwickeln.