Haider wird orange

Die FPÖ hat sich gespalten: Die Haider-Getreuen gründen eine neues „Bündnis“, und ihre Minister regieren weiter

WIEN taz ■ Jörg Haider wird wieder Parteichef – allerdings nicht an der Spitze der FPÖ. Gestern Nachmittag gab er überraschend die Gründung einer neuen „Bewegung“ namens „Bündnis für die Zukunft Österreichs“ (BZÖ) bekannt. Bei einer hastig einberufenen Pressekonferenz in Wien ließ er sich von seiner Schwester Ursula Haubner begleiten, die gleichzeitig den Vorsitz der FPÖ niederlegte. Sozialministerin will sie aber bleiben. Auch die restliche FPÖ-Regierungsmannschaft, allen voran Vizekanzler Hubert Gorbach, lief ins orangefarbene Lager des Haider-Clans über. Gorbach versicherte, man gehe „den einzigen Weg, der auch sicherstellt, dass diese erfolgreiche Regierung weiterarbeiten kann“.

Seit Tagen hatten die Varianten Abspaltung oder Neugründung der FPÖ im Raum gestanden. Haider teilte die FPÖ in ein Lager der „konstruktiven“ und der „destruktiven“ Elemente. Im Mittelbau der FPÖ herrscht schon seit langem Unruhe über den Absturz der kleinen Regierungspartei bei jedem Wahlgang. Das Profil der einst so erfolgreichen Protestpartei habe sich verwaschen, nur in der Opposition könne man die Ideale hochhalten. Letzte Woche wurde einer der schärfsten Kritiker, der national gesinnte Publizist Andreas Mölzer, in einer turbulenten Sitzung mit knappster Mehrheit aus der Partei ausgeschlossen. Juristen streiten, ob der Rausschmiss überhaupt gültig ist. Für den Sonderparteitag am 23. April drohte eine Kampfabstimmung bei der Neuwahl des Vorsitzenden. Die geschwächte Ursula Haubner wäre wohl nicht mehr angetreten. Haiders schärfster Herausforderer, der Wiener Landesparteiobmann Heinz Christian Strache, der zur Integrationsfigur für alle Haider-Kritiker wurde, wurde von seinen Anhängern zur Kandidatur gedrängt. Strache war bei der gestrigen Pressekonferenz nicht dabei. Ihm wird die Rumpf-FPÖ bleiben.

Fraktionschef Herbert Scheibner garantierte, dass die notwendige Anzahl von Abgeordneten den Putsch von oben mit vollzieht. Wenn nur 6 der 18 Parlamentarier nicht mitspielen, platzt die Regierung. Mit Bundeskanzler Schüssel, der sich öffentlich immer unbeeindruckt von den Turbulenzen des Koalitionspartners gezeigt hatte, ist der Coup abgesprochen. Nicht vertreten bei der Präsentation des orange Bündnisses waren die Landesparteiorganisationen. Wien, Niederösterreich, Tirol, Salzburg und das Burgenland standen zuletzt gegen die Parteispitze. Ungeklärt ist auch, was mit den Schulden der FPÖ passiert. Bleiben sie an der Rest-FPÖ hängen, oder gehen sie auf das BZÖ über? RALF LEONHARD