Nicht ganz Europa setzt halbmast

EU-Juristen haben ein Problem: Trauerbeflaggung ist nicht überall selbstverständlich

PARIS/BRÜSSEL dpa/taz ■ Soll man dem Beispiel Italiens und Polens folgen und öffentliche Trauerbeflaggung anordnen? Diese Frage wurde gestern in manchen europäischen Hauptstädten erregt diskutiert.

In Brüssel prüften am Montag Juristen, ob die Europaflagge vor den Gebäuden der Europäischen Kommission auf halbmast gesetzt werden sollte. Bis Freitag, dem Tag der Beisetzung, solle eine Entscheidung getroffen sein.

Das Problem der Fachleute: Obwohl Europa stark katholisch ist – 51 Prozent der Bevölkerung bekennt sich zum katholischen Glauben–, ist der Vatikan, dem der Papst als Staatsoberhaupt vorsteht, kein EU-Land. So war für die EU auch der Tod von Palästinenserpräsident Jassir Arafat im November 2004, der weltweit stark beachtet wurde, kein Anlass für halbmast.

In Frankreich ist über die Frage sogar politischer Streit ausgebrochen. Premierminister Raffarin, der für Sonntag eine eintägige Trauerbeflaggung an allen öffentlichen Gebäuden angeordnet hatte, rechtfertigte seine Entscheidung als „gute republikanische Tradition“, wenn der Chef eines Staates sterbe, zu dem Frankreich enge Verbindungen pflege. Die Kritiker werfen ihm vor, die religiöse Neutralität des Staates verletzt zu haben. Der Präsident der aus den Christdemokraten hervorgegangenen UDF, François Bayrou, erklärte, Frankreich könne als laizistisches Land keinen Kult vertragen. Die Maßnahme entspreche „nicht der nötigen Trennung zwischen spiritueller Überzeugung und politischer und nationaler Wahl“.

Die Regierungspartei UMP konterte, der Laizismus sei keine Negation der wichtigsten Religion Frankreichs.

In Deutschland hat Bundesinnenminister Otto Schily am Sonntag Trauerbeflaggung für den Tag der Beisetzung angeordnet. KAB