Vollkommen dicht

Brandstifter: Richter gibt Gespräch zum Tathergang mit dem psychisch schwer kranken Angeklagten auf

bremen taz ■ Der wegen versuchten Mordes angeklagte Brandstifter Georg K. lebt offenbar in einer anderen Welt: Seine krankhaften Gefühle von Hass und Selbstmitleid verhindern, dass der ehemalige Bremer Lehrer und Schulleiter das Leben und die Gefühle anderer Menschen versteht. Die Angst seiner traumatisierten Opfer beispielsweise, denen er im September das Haus anzündete – sein Nachbarhaus, in dem die Eltern und ihre drei kleinen Kinder ahnungslos schliefen. Aber auch die Bedeutung eines Schuldgeständnisses für den Prozessverlauf kann der 50-jährige psychisch schwer kranke Borderline-Patient offensichtlich nicht erfassen.

„Er ist nicht wie Sie und ich“, versuchte der Vorsitzende Richter der Schwurkammer am Landgericht gestern das Verhalten des Angeklagten aus dem Vernunftrahmen alltäglicher Dialoge zu heben – nachdem die als Nebenkläger auftretenden Eltern die Fassung verloren, als der Angeklagte mehrfach beteuerte, von der Rückkehr der Familie am Vorabend der Tat nichts bemerkt zu haben. Eine Darstellung, von der auch das Gericht zu erkennen gab, dass sie angesichts der insgesamt sorgfältig geplanten Anschlagserie wenig glaubwürdig sei. Zugleich wies der Vorsitzende Richter darauf hin, dass er angesichts der Situation des „schwer Kranken“ auf weitere Fragen zum Tatablauf verzichte.

Zuvor hatten Zeugen offenbart, dass der Angeklagte entweder über enormes Potenzial verfügt, sich zu verstellen – oder dass das Maß seiner unberechenbaren Gefühlsschwankungen ungewöhnlich groß und heftig ist. So bezeugten behandelnde Psychiater und Therapeuten, dass eine vom Angeklagten ausgehende Gefahr nicht erkennbar war. So hielt der Therapeut des unter psychosomatischen Störungen und Depressionen leidenden Angeklagte die gegen die Nachbarn gerichteten Aggressionen nicht für außergewöhnlich. Auch eine forensische Gutachterin erkannte keine aggressiven Neigungen bei dem Mann – der den Brandanschlag auf die Familie nur wenige Stunden nach dem Besuch bei ihr verübte. ede