Lebensmittel auf ökologisch fragwürdigem Grund

Ein Asia-Großmarkt siedelt auf dem Grundstück des ehemaligen VEB Elektrokohle Lichtenberg. Grüne fordern Rücknahme der Genehmigung

Besuchern eines asiatischen Restaurants oder Imbissstandes könnte der Appetit vergehen. Seit Samstag gibt es auf dem ökologisch stark belasteten Gelände des ehemaligen VEB Elektrokohle Lichtenberg einen Asia-Großmarkt. Er ist einer von vier Berliner Großmärkten, auf denen Gewerbekunden wie Chinarestaurants, vietnamesische Gaststätten und asiatische Imbisse typischerweise ihre Lebensmittel kaufen. Zudem werden Textilien und Geschenkartikel verkauft. Der vietnamesische Bauherr Hien V. N. ist am Samstag mit seinen Mietern vom bisherigen Standort in der Lichtenberger Siegfriedstraße feierlich in den neuen Markt umgezogen, obwohl er weder eine Bauabnahme noch eine Betriebsgenehmigung hatte. Laut Bezirksbaustadträtin Katrin Lompscher (PDS) erfolgte die Bauabnahme am Montag nachträglich – trotz nicht fertig gestellter Zufahrtswege. Zudem fehlen die sonst üblichen Abnahmen durch das Veterinär- und Lebensmittelamt sowie das Landesamt für Gesundheit und technische Sicherheit.

Elektrokohle war einst die größte Dreckschleuder Ostberlins. Auf Teilgrundstücken wurden zuletzt 1999 hohe Konzentrationen an Phenolen, Kupfer und Chrom im Boden gemessen sowie flächendeckend Belastungen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Die Schadstoffkonzentrationen übertreffen die in sanierungsbedürftigen Rieselfeldern zum Teil um das Zwanzigfache. Nur die ehemalige Galvanik und das ehemalige Phenolbecken wurden zwischenzeitlich versiegelt, andere Teilflächen nicht.

Trotz der hohen Schadstoffwerte gab die Senatsumweltverwaltung das Grundstück frei, so dass das Bezirksamt Lichtenberg im vergangenen Jahr eine Baugenehmigung erteilte. Der Senat stellte dem Bauherrn keine vollständige Sanierung des bebauten Grundstücks zur Auflage. Er musste nur Halle, Zufahrtswege und Parkplätze mit einer Bodenplatte sichern. Im Bauvorantragsverfahren war nach taz-Informationen aber keine Rede vom beabsichtigten Verkauf unverpackter Lebensmittel. Die gehören gewöhnlich zum Sortiment eines Asia-Großmarktes und wurden zur Eröffnungsfeier auch angeboten.

Die Stadtentwicklungspolitikerin Claudia Hämmerling (Grüne) empört sich über den illegal in Betrieb genommenen Markt und die nachträgliche Legalisierung durch die Behörden. „Ein Lebensmittelgroßlager gehört absolut nicht auf die unsanierte Fläche des ehemaligen VEB Elektrokohle Lichtenberg.“ Hämmerling fordert die Behörden auf, bereits erteilte Genehmigungen zurückzuziehen. „Ansonsten müsste das Lebensmittelaufsichtsamt rund um die Uhr einen Mitarbeiter abstellen, der kontrolliert, dass keine Gefahren für den Verbraucher entstehen.“ Der Investor war für die taz nicht erreichbar. MARINA MAI