Spur aus dem früheren Leben

Nach 16 Jahren vor Gericht: Haftstrafe gefordert im Indizien-Prozess gegen eine Hamburgerin, die im Drogenrausch einen Doppelmord begangen haben soll

16 Jahre nach dem Doppelmord an dem Rentnerehepaar Elisabetha und Paul Landbeck in Altona hat die Staatsanwaltschaft gestern eine zwölfjährige Haftstrafe für die mutmaßliche Täterin verlangt. Es bestehe kein Zweifel daran, so die Anklägerin vor dem Landgericht, dass die damalige Nachbarin Brigitte F. „in der Wohnung der Eheleute war und die Tat begangen hat“. Auf die Spur der heute 41-Jährigen war die Polizei im vorigen August gekommen, als sie die alten Asservate mittels neuer DNA-Technik untersuchte. Dabei hatte sich herausgestellt, dass Blutspuren an einer Tür in der Wohnung der Landbecks von Brigitte F. stammen (taz berichtete).

Die ist durch die neuen Ermittlungen ruckartig aus ihrem jetzigen Leben gerissen worden. Bis zu ihrer Festnahme hat Brigitte F. ein bürgerliches Leben mit Ehemann und zwei Kindern gelebt. Vor 16 Jahren nahm sie noch Drogen und ging auf den Strich. Mit ihrer damaligen Sucht hat sie selbst vor Gericht ihre Tatbeteiligung erklärt.

Sie habe kaum eine Erinnerung an die Nacht im Oktober 1988, weil sie unter schweren Entzugserscheinungen gelitten habe. Jedenfalls habe sie geschlafen, als ihr Freund sie plötzlich geweckt und verlangt habe, dass sie mit hoch in die Wohnung der Landbecks kommt. Dort habe Paul Landbeck bereits tot gelegen, seine Ehefrau habe sie nicht gesehen. Nur einmal habe sie selbst noch mit einem Küchenmesser in den toten Körper des 88-Jährigen gestochen, behauptete sie, weil ihr Freund sie dazu gezwungen habe.

Dieser Ex-Freund, führte die Verteidigung in ihrem Plädoyer weiter aus, habe Brigitte F. stark unter Druck gesetzt – auch noch Monate nach der Tatnacht. Denn sie habe stets geahnt, dass in jener Nacht „irgendwas passiert“ sei, aber nicht genau gewusst, was. Der Freund hingegen schon. Für ihn sei es deshalb leicht gewesen, „Brigitte F. unter Druck zu setzen und in etwas hineinzudrängen“. Vor Gericht hatte sich herausgestellt, dass der Ex später mit dem Stichwort „Landbeck“ Geldzahlungen von Brigitte F. erzwungen hat.

Die Staatsanwältin jedoch tat die Version der Angeklagten in ihrem Plädoyer als „vollkommen lebensfremd und reine Schutzbehauptung“ ab. Zwar sei es „kaum vorstellbar, dass eine Frau diese extrem brutale Tat allein begangen hat“. Die Landbecks sind mit unzähligen Messerstichen und Hammerschlägen getötet worden. Ganz auszuschließen sei es hingegen nicht. Aber auch wenn selbst die Staatsanwältin davon ausgeht, dass es „einen Mittäter oder eine Mittäterin gegeben hat“: Nur von Brigitte F. sind Blutspuren in der Wohnung der Landbecks gefunden worden.

Die beteuerte gestern in ihrem letzten Wort noch einmal: „Ich habe das nicht getan.“ Das Urteil wird das Gericht am 19. April verkünden. ELKE SPANNER